Ein Workshop mit Kindern im Toccarion
Unsere Compagnie gastiert momentan noch in Baden-Baden. Während dieser alljährlichen Tournee darf ein besonderes Highlight nicht fehlen: Ein Workshop mit Kindern im Toccarion, die im Festspielhaus Baden-Baden beheimatete Kinder-Musik-Welt der gemeinnützigen Sigmund Kiener Stiftung. Unsere Solisten Alexandr Trusch und Konstantin Tselikov gaben 30 Kindern Tanzunterricht und choreografierten ein kleines Stück für die Teilnehmer des Workshops. Ein Protokoll:
Text von Nathalia Schmidt
Fotos von Kiran West
Als ich gemeinsam mit Alexandr Trusch und Konstantin Tselikov den Saal betrete, schauen uns 30 strahlende Kinderaugen an. Zwei Gruppen haben sich zu diesem einstündigen Workshop angemeldet. Die erste Gruppe kommt aus Rust, es sind 14 Mädchen der Europa-Park Talent Academy. Sie haben bereits erste Balletterfahrungen. Dies erkenne ich sofort: Im schwarzen Trikot, rosafarbenen Schläppchen und mit einem perfekten Dutt stehen sie bereits an den Ballettstangen und warten auf die ersten Anweisungen unserer Tänzer. Die andere Hälfte besteht aus Schülerinnen und Schülern des Großen Pädagogium in Baden-Baden. Ballett haben sie noch nicht getanzt, aber das ist hier kein Nachteil. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich, denn jeder kann tanzen!
Ein Balletttraining beginnt immer mit Übungen an der Stange. Der Körper wird erwärmt und gedehnt, die Körperhaltung wird aufgebaut und die Technik eingeübt, erklären die beiden Profis den Kindern. Insgesamt acht Ballettstangen stehen im Raum, die Kinder haben sich bereits um die Stangen herum positioniert. »Wir starten mit der ersten Übung, mit der wir jeden Tag unser Training beginnen«, sagt Konstantin. Da beim Ballett ein besonderes Augenmerk auf die Füße liegt, geht es in dieser Übung darum die Füße aufzuwärmen. Konstantin und Alexandr zeigen diese zunächst einmal vor. Dann geht die Musik an und die Kinder sind dran. Die beiden Profitänzer achten dabei genau, dass die Kinder die Bewegungen auch richtig ausführen.
Als nächste Übung folgt das Plié (Plié bedeutet gebeugt). »Wer von euch kann das denn schon?«, fragt Alexandr in die Runde. Schnell schießen einige Hände in die Höhe. Ich, ich, ich!, rufen die Mädchen wild durcheinander. Eine von ihnen darf dann auch vorzeigen, was ein Plié ist, die anderen schauen neugierig zu: Ganz Profi nimmt sie die erste Grundposition der Füße ein und macht erst eine »halbe«, dann eine »ganze« Kniebeuge. »Du kannst sogar schon ein Grand Plié!«, lobt Alexandr. Dann dürfen alle Kinder die Übung ausführen. Beim anschließenden Tendu (»gestreckt«), eine Übung, in der ein Bein nach vorne, zur Seite oder nach hinten gestreckt wird, meldet sich eines der Kinder zu Wort: »Das kann ich doch schon alles…«. Unsere Solisten erklären ihr, dass es beim Training nicht darum geht, ob man eine Übung schon kann oder nicht: »Wir machen auch täglich dieselben Übungen«, so Konstantin. »Und das ist nie langweilig! Du kannst dich immer weiter verbessern«. Auf Tendu folgt Jeté. Hier wird das Bein nach oben, hinten oder zur Seite geworfen, also nicht geführt gehoben. Einige der Jungen haben Schwierigkeiten bei dieser Übung. Doch Konstantin weiß, mit welchen Worten er ihnen diese Übung nahebringen kann: »Schaut noch einmal genau hin«, sagt er, während er ein Jeté vorzeigt, »es ist fast so wie im Fußball. Wenn ihr einen Ball ins Tor werfen wollt, dann werft ihr doch auch ein Bein nach vorne in die Luft, um an den Ball zu kommen«. Beim Stichwort Fußball horchen die Jungs auf. Und siehe da: Beim nächsten Versuch klappt es schon viel besser!
Nach den Übungen an der Stange, werden die Ballettstangen weggeräumt. Es folgen weitere Übungen in der ›Mitte‹. Hierfür werden zwei Reihen gebildet, damit jeder genügend Platz für die Ausführung hat. Nun sind die Sprünge an der Reihe. Das gemeinsame Probieren von einfachen Sautés (»gehüpft«, »gesprungen«) macht den Großen und Kleinen Spaß!
Der Fokus des Workshops liegt auf dem Erarbeiten einer gemeinsamen Choreografie. Die Profitänzer geben den Kindern dabei die Schrittfolgen vor. Diese werden dann nach und nach eingeübt, bis am Ende alle die Schritte beherrschen. In der Choreografie kommen natürlich auch die vorher erarbeiteten Übungen und Sprünge zum Einsatz.
Unser Solist Konstantin Tselikov hält die Kinder bei Laune. Er hat schon mehrere Male ein Toccarion-Workshop geleitet. Was mir auffällt: Konstantin weiß genau, wie er mit den Kindern umgehen muss. Auf der einen Seite ist er sehr liebevoll zu ihnen und kümmert sich – gemeinsam mit unseren Ersten Solisten Alexandr Trusch - darum, dass auch wirklich alle die Übungen verstehen und nachtanzen können. Auf der anderen Seite legt er eine gewisse Strenge an den Tag, denn ohne Disziplin und Ausdauer geht es nicht. Der Spaß am Tanzen steht aber immer an erster Stelle!
Der Workshop neigt sich nach gut einer Stunde dem Ende zu. »Seid ihr jetzt alle müde?« Ja!, rufen die Kinder unisono. Bei diesem Workshop haben sich alle richtig ausgepowert. Als Belohnung für ihren Fleiß gibt es dann auch eine tänzerische Kostprobe: Alexandr Trusch tanzt eine Solovariation aus dem Ballett »Der Nussknacker«. Gebannt schauen die Kinder dem Profi zu. Und wer weiß, denke ich, vielleicht wird eines der Kinder schon bald selbst auf einer großen Bühne tanzen! Hinterher wird dann noch schnell ein Erinnerungsfoto mit den beiden Solisten geschossen.
Für mich war es eine tolle Erfahrung dabei gewesen zu sein: Die Kinder hatten Spaß von Anfang an und waren bis zum Ende des Workshops neugierig und konzentriert. Auch unsere beiden Profitänzer haben die Arbeit mit den Kindern genossen und ihre Begeisterung für das Tanzen vermittelt. Ein nächstes Wiedersehen kommt bestimmt!