Quantcast
Channel: HAMBURG BALLETT – JOHN NEUMEIER
Viewing all 157 articles
Browse latest View live

Der Begleiter des Balletts

$
0
0

Interview mit dem Dirigenten des HAMBURG BALLETT Simon Hewett
von Jonas Zerweck

Wie wird man Ballettdirigent?
Ich sehe mich eigentlich eher als Theaterdirigent. Neben meiner Arbeit als erster Dirigent beim HAMBURG BALLETT bin ich auch erster Kapellmeister an der Oper Stuttgart. Von meinen 70 bis 80 Vorstellungen, die ich im Jahr dirigiere, sind ziemlich genau die Hälfte Ballettvorstellungen. Als ich an der Oper in Australien anfing, hatte ich gleich die Möglichkeit Ballettabende zu dirigieren und es hat mir Spaß gemacht. Die Musik, die man zu dirigieren bekommt, ist oft großartig. Dazu kommt, dass es mich immer interessiert hat, wie die Musik, die ich aus den Konzertsälen kannte, auf der Bühne funktioniert. Das wollte ich unbedingt ausprobieren.

Simon HewettSimon Hewett © Penny Bradfield

Wie waren deine Anfänge in Hamburg?
Als ich nach Hamburg kam, war ich hier erst an der Oper angestellt. Ich habe Opern dirigiert, assistiert und vorbereitet. Dann kam es dazu, dass Ulrike Schmidt vom HAMBURG BALLETT eine Vorstellung von mir gesehen und mich gefragt hat, ob ich mir zutrauen würde, auch Ballette zu dirigieren. Ich habe darauf hin die Premiere von John Neumeiers »Parzival – Episoden und Echo« 2006 in Baden-Baden dirigiert und seitdem viele Aufführungen begleitet. Die Zusammenarbeit mit John macht mir viel Spaß. Seine Auffassung ist, dass das, was der Dirigent im Graben macht, erst einmal das Publikum überzeugen muss. Er möchte, dass die Musik bewegt. Zwar hatte ich immer auch meine eigenen musikalischen Ansichten, aber ich war auch immer zum Dialog bereit. So tauschen wir uns auch darüber aus, ob das Tempo zu seiner Choreografie passt und wie seine Tänzer damit zurecht kommen.

Gibt es einen Unterschied zwischen dem Dirigieren von Oper und Ballett?
In Stuttgart mache ich nur Oper. Ich sehe die Spaltung zwischen den beiden Kunstgattungen nicht, auch wenn das viele Leute so betrachten. Vielleicht bin ich ein bisschen verwöhnt, weil die Verhältnisse hier schon besonders sind. Für mich ist das Dirigieren von Opern und Balletten eine Kunst der Begleitung, egal ob Tänzer oder Sänger. Ich wäre kein guter Operndirigent, wenn ich ohne auf die Sänger zu hören auf meine Tempi bestehen würde. Als Dirigent zu begleiten ist ein Führen, aber auch immer ein Folgen. Eine Balance dazwischen zu finden und gleichzeitig, die Sänger so zu fordern, dass am Ende ein gutes Ergebnis steht, ist mein Ziel. Dafür muss ich den Sängern zuhören, ihnen folgen, aber trotzdem einfordern und herausfordern, auch wenn es mal ungemütlich für sie wird. Das Gleiche gilt bei der Arbeit mit Tänzern. Manchmal fordert John, auch durch meine Anregung, Tempi ein, die für die Tänzer unangenehm sind, aber notwendig, weil sie die Choreografie und die Musik berührender machen.
Man findet viele Dirigenten, die nicht dazu bereit sind, zusammen mit einem Choreografen einen Dialog zu entwickeln, wo man wirklich zusammen eine gemeinsame Interpretation schafft. Hier mit John ist das etwas anderes und es macht mir Spaß.

Der Unterschied zwischen dem Dirigieren einer Oper und einem Ballett ist also genau…
…dass die Machtverhältnisse anders sind. In der Oper hat man mehr Durchsetzungskraft. Man kann sagen: Ich mach es so und so, egal was ihr denkt. Ich glaube allerdings, dass wenn man gute Beziehungen zu den Sängern hat, man diese Macht als Operndirigent nicht braucht. Beim Ballett aber wird man es immer gesagt bekommen, wenn die Tempi nicht angenehm für die Tänzer sind oder wenn der Choreograf der Meinung ist, dass etwas so nicht funktioniert. Es ist halt nur die Frage, wie man damit umgeht und ob man damit klar kommt. Sprich: bin ich bereit zusammenzuarbeiten?

Wenn du ein Ballett dirigierst, für wen gibst du die Einsätze?
Manchmal machen sich die Tänzer ein bisschen lustig, dass ich sie dirigieren würde, als ob sie Opernsänger wären. Aber das ist nicht der Fall. Es gibt bestimmte Einsätze wo gute Tänzer wissen, dass es viel einfacher für sie ist, wenn sie auf meine Einsätze achten. Die Tänzer, die sich nicht so gut mit Musik auskennen, verstehen manchmal nicht, dass ich dem Orchester immer einen Auftakt geben muss. Das heißt, wenn sie meinen, dass die Musik auf meine erste Bewegung hin losgeht, sind sie immer zu früh dran.
Meistens ist es aber so: sie tanzen, ich dirigiere und gucke hin. Bei Choreografien, die ich sehr gut kenne, kann ich in gewisser Hinsicht auch richtig begleiten. Das bedeutet, dass wenn ich sehe, dass die Tänzer etwas mehr Zeit brauchen, oder dass sie die Musik gern schneller hätten, ich darauf eingehe.

Wo ist deine größere Aufmerksamkeit während der Aufführung? Ist sie mehr bei dem Orchester oder bei den Tänzern?
So 75 bis 80 Prozent beim Orchester und dann habe ich etwas Aufmerksamkeit für die Bühne.

Wie erarbeitest du mit den Choreografen die Interpretation der Musik?
Das hängt ein bisschen damit zusammen, ob ich die Stücke schon einmal rein musikalisch einstudiert habe. Zum Beispiel habe ich mal das Ballett »La Fille mal gardée« dirigiert, in dem viel Musik von Donizetti benutzt wird. Ich kannte die ursprüngliche Musik von Donizetti vor der Einstudierung des Ballettes gut. Die Musik des Ballettes ist aber ein Arrangement von Jack Lanchbery, der Material aus verschiedenen Belcanto-Opern benutzt. Es war komisch diese Musik ganz anders zu dirigieren. Das Ballett hatte sich aber in dieser Form über die Zeit behauptet und deswegen konnte ich gegen einige musikalische Eigenheiten, wie zum Beispiel eine kleine Pause, die ich in der Oper von Donizetti nie gemacht hätte, wenig machen.
Mit John ist das anders. Wenn wir an einer Premiere arbeiten, nutzt er entweder eine Aufnahme, die ich selber vorgeschlagen habe und die meiner Interpretation entspricht, oder aber wir setzen uns mit einem Pianisten zusammen und besprechen, wie wir die einzelnen Passagen verstehen. Dabei gibt es dann im Kreationsprozess natürlich viele Dinge, die John dann doch anders macht. Aber insgesamt finden wir immer eine Lösung und wenn ich wirklich fest von etwas überzeugt bin und ihm Dinge vorschlage, dann ist er meist einverstanden.

Was ist deine Intention bei Crankos »Onegin«?
»Onegin« fängt ein bisschen spieloperhaft an. Die Musik ist sehr heiter und lustig, viel wird durch Mimik auf der Bühne ausgedrückt. Aber wenn es dann dramatisch wird, möchte ich, dass die Musik die Emotionen der Geschichte widerspiegelt. Das ist immer mein Ziel im Graben: dass man die Geschichte auf eine Art und Weise erzählt, dass die Emotionen klar dargestellt werden – ohne jedoch zu übertreiben. Man darf die Gefühle dem Publikum nicht derart übertrieben vorspielen, dass es keinen Platz für die eigenen Gefühle findet.

Bei »Tatjana« ist die Premiere am 29. Juni. Hast du schon Musik gehört, die ja ganz neu von Lera Auerbach komponiert wird?
Es existiert ein Klavierauszug und Lera hat mir schon größere Ausschnitte daraus vorgespielt. Sie ist momentan dabei, die Instrumentierung zu vollenden und ich warte voller Spannung und Neugier auf die Partitur.

Die Geschichte ist die von Puschkin. Hast du schon einen Ansatz, wie du mit der Musik umgehen wirst?
»Tatjana« wird für ein eher klassisches Orchester geschrieben, also nicht ganz klein und auch nicht riesig, so Beethoven-Größe. Ich denke, dass die Auerbach-Farben zu erkennen sein werden, also sehr lyrisch wie bei »Die kleine Meerjungfrau« - mit einer sehr dunklen, interessanten, harmonischen Entwicklung und dann dieser grellen, fast ironischen, musikalischen Farbe.


»Renku«-Dichtaktion findet großen Anklang

$
0
0

Seit vergangener Woche können Ballett- und Dichtfreunde uns ein selbstgedichtetes Renku schicken und dafür zwei kostenlose Eintrittskarten für eine der drei »Renku« –Vorstellung im April gewinnen.

Dichtaktion - Renku© Joachim Fluegel

Wir danken allen Autoren und freuen uns auf weitere Renkus in den kommenden Tagen. Ein ganz besonders schönes Renku mit Widmung an die Choreografen wollen wir an dieser Stelle veröffentlichen. Es hat  uns von Uwe-Carsten E. aus Hamburg erreicht.

Die beiden Choreografen fühlen sich geehrt und freuen sich über diesen spannenden Beitrag!

von Uwe-Carsten E
Ein Kolloquium - im Stil des japanischen Renku - zum Thema »Tanz und Frühling« mit Augustinus Aurelius (354-430 n. Chr.), Ludwig Uhland (1787-1862), Hoffmann von Fallersleben (1798-1874)  und Eduard Mörike (1804-1875) mit Versen aus: »O lobe den Tanz« (Aurelius), »Frühlingsglaube« (Uhland), »Frühlings Ankunft« und »Sehnsucht nach dem Frühling« (Fallersleben) und »Frühling lässt sein blaues Band« (Mörike) am 30.03.2014. 

Geschrieben in Bewunderung für die beiden begabten Nachwuchs-Choreographen von »RENKU« und die begnadete Neumeier-Compagnie. 

 

Tänzer- Frühlingsboten

Nun armes Herz, vergiss die Qual,

Nun muss sich alles wenden.

 

O lobe den Tanz,

Denn er befreit den Menschen

von der Schwere der Dinge.

 

Frohe Hoffnung senkt sich nieder

Auf die stumme trübe Welt.

 

O Mensch, lerne tanzen,

Sonst wissen die Engel im Himmel

Mit Dir nichts anzufangen.

 

Die Welt wird schöner mit jedem Tag,

Man weiß nicht, was noch werden mag.

 

Tanz ist Verwandlung

Des Raumes, der Zeit, des Menschen.

 

Veilchen träumen schon,

Horch, von fern ein leiser Harfenton.

 

Ich lobe den Tanz, der alles fordert und fördert, Gesundheit und klaren Geist und eine beschwingte Seele.

 

Kommst nun bald in Pracht und Glanz,

Sang und Freude, Spiel und Tanz.

 

Der Tanz fordert den befreiten, den schwingenden Menschen Im Gleichgewicht aller Kräfte.

 

Frühling lässt sein blaues Band

Wieder flattern durch die Lüfte!

 

Tanz-Frühling
 

Unsere Schülerpraktikantin Zoé berichtet

$
0
0

Hey,
heute war der erste Tag meines Praktikums im Ballettzentrum. Als ich hier angekommen bin, stellte Jerome, der Leiter der Pressestelle, mir erstmal ein paar seiner Kollegen vor, die mich alle sehr freundlich begrüßten;) Danach gingen wir in die Pressestelle, in der ich auch einen Arbeitsplatz mit Laptop habe, an dem ich arbeiten, recherchieren und  schreiben kann.

Zoé

Meine erste Aufgabe bestand darin, gemeinsam mit Katerina, die auch in der Pressestelle arbeitet, die Zeitungen durchzusehen und zu schauen, ob dort Artikel über das Hamburg Ballett oder Tanz im Allgemeinen stehen. Das nennt man auch Pressespiegel. Wenn nämlich  Artikel über Ballett in den Zeitungen stehen, werden diese ausgeschnitten, mit Datum und Quelle kopiert und an eine Pinnwand gehängt, damit die Artikel für alle hier, und vor allem die Tänzer, sichtbar sind.  Als ich damit fertig war, hat mir Jerome dann das komplette Ballettzentrum gezeigt, unter anderem das Internat, die verschiedenen  Ballettsäle, die Kantine. Das war echt interessant und spannend mal zu sehen, wie die Internatsschüler so leben und wie so ein Ballettsaal aussieht.

Richtig cool war, das Training der Tänzer/innen des HAMBURG BALLETT und der Ballettschüler der Schule des HAMBURG BALLETT zu sehen, das war echt beeindruckend!!! Es war »krass« zu sehen wie sie und ihre Pädagogen oder Ballettmeister sich bewegen konnten und ich weiß nicht wie man so eine Körperspannung erreicht und sich auch die Schritte von jetzt auf gleich merken kann. Jerome hat mir erzählt, dass die Schüler jeden Tag, das heißt sechsmal in der Woche morgens trainieren.

Nachdem wir also beim Training zugeschaut hatten, sind wir wieder in die Pressestelle gegangen und ich habe meinen Account für den Laptop eingerichtet. Danach habe ich mir einen Text zu Messias, die nächste Wiederaufnahme John Neumeiers durchgelesen. Das war eigentlich relativ interessant, da ich jetzt im Großen und Ganzen weiß, wovon es handelt. Dann hab ich noch mit Jerome Programmhefte sortiert, das war eigentlich auch chillig.

Nach der Mittagspause, die wir mit vielen Kollegen beim Mittagessen in der Kantine verbracht haben, durfte ich bei einer richtigen Probe der Ballettschule für das Stück »Bizet. Wir danken!« von Kevin Haigen und Gigi Hyatt zusehen. Es war zwar echt warm und es hat ein bisschen gemüffelt, da man in den Sälen während der Proben nicht lüften darf, damit die Tänzer sich nicht erkälten, aber das machte mir nicht wirklich viel aus, da es einfach faszinierend ist den Ballettschülern beim einstudieren der Choreographien zuzusehen!!. Die Schritte, die wechselnden Formationen, all das klappte wirklich gut. Nach der Probe bin ich wieder in die Pressestelle gegangen und habe meinen Blogeintrag geschrieben.

Mein erster Eindruck ist echt gut! Ich durfte heute schon viele Menschen kennenlernen und einen Überblick darüber bekommen, was hier alles zu tun ist, wie hier alles aufgebaut ist. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf morgen!

Eure Zoé

PS: Nur das mit dem ans Telefon gehen, wenn gerade kein anderer da ist, muss ich noch lernen. ;) ;P

Der zweite Tag beim HAMBURG BALLETT

$
0
0

Hey,
heute war der zweite Tag meines Praktikums beim HAMBURG BALLETT – John Neumeier. Der Tag hat, anders als gestern, nicht in der Pressestelle, sondern in der Staatsoper angefangen. Ich habe mir die Bühnen-Orchesterprobe für die nächste Wiederaufnahme, John Neumeiers  »Messias« angesehen. Wir haben uns dann zusammen mit Jonas, der auch hier Praktikum macht, aber schon studiert, in eine der vorderen Reihen gesetzt und der Probe zugesehen. Es war echt spannend und interessant zu sehen, wie eine einstudierte Choreographie auf einer wirklich großen Bühne wirkt - vor allem mit Chor, Orchester und Gesangssolisten…Ebenfalls bewundernswert ist, dass die Balletttänzer eine unglaubliche Ausdauer haben! Das hat mich sehr beeindruckt, denn die Probe ging von 10.00 Uhr bis 13.00 Uhr und ich fand, dass die Balletttänzer die ganze Zeit vollen Einsatz geleistet haben.

Zoé hinter der Bühne der Staatsoper

Das Ballett ist in zwei Teile aufgeteilt und nach dem ersten Teil wurde der Vorhang heruntergelassen und John Neumeier, seine Ballettmeister und alle Tänzerinnen und Tänzer versammelten sich auf der Bühne für Korrekturen. Wir sind ebenfalls dorthin mitgekommen, um zu hören, ob Herr Neumeier und die Ballettmeister mit den Ausführungen der Choreographie von den Balletttänzern zufrieden waren oder noch Verbesserungsmöglichkeiten, Kritik oder Anweisungen hatten. John Neumeier hat dann ganz genau erklärt, wie wichtig ihm das Ballett ist, welche Gedanken er dazu hat, was er damit verbindet und sagte, dass es ihm wirklich wichtig ist, dass sich die Tänzer in ihre  Rollen hineinversetzen. Er erklärte allen nochmal seine Vorstellung der Ausführung des Stücksund ich habe gemerkt,  dass er mit seinem Ballett erreichen möchte, die Menschen zum Nachdenken zu bringen und deswegen war es  für alle Beteiligten nochmal wichtig, dass er ihnen das erklärt hat, denke ich.

Danach ging es weiter mit dem zweiten Teil und diesmal haben wir das Stück hinter der Bühne verfolgt und dort konnte ich auch nochmal sehen, dass die Tänzer sich meistens ständig aufwärmen und in Bewegung sind,  auch wenn sie gerade nicht auf der Bühne sind.

Nach der Bühnen-Orchesterprobe, die echt aufregend war, haben wir uns dann auf den Weg ins Ballettzentrum gemacht, wo ich dann mit meinem Blogeintrag angefangen habe. Während des  Mittagessens fragte mich Daniela, die auch in der Pressestelle arbeitet, ob ich heute nicht zu der Generalprobe eines TuSch-Projektes (Theater und Schule) gehen könnte, um dann einen kleinen Artikel darüber für das OpernJournal zu schreiben.. und ja das mach ich dann heute noch, weil das glaub ich echt cool bzw. interessant ist :P Darüber schreib ich dann morgen…

Bisher war heute ein echt aufregender Tag! Und es macht Spaß zu sehen, was alles passieren muss, um ein Ballettstück aufführen zu können.

CU tomorrow, Eure Zoé

3. Tag im Ballettzentrum

$
0
0

Hey,
heute ist der dritte Tag meines Praktikums beim HAMBURG BALLETT und es gefällt mir wirklich richtig gut hier!!! Morgens half ich Katerina, die auch in der Pressestelle arbeitet, und Jerome ein bisschen bei dem Pressespiegel. Dann hatte ich noch ein bisschen Zeit und habe mir überlegt, was ich in den Artikel über das TuSch-Projekt schreiben könnte, dessen Generalprobe ich gestern gesehen habe… Vielleicht erzähl ich jetzt schon mal ein bisschen was darüber: es war die Generalprobe des Stücks »Beflügelt«, das Schülerinnen und Schüler der 11. Klasse in der Opera Stabile aufgeführt haben. Ich bin direkt auf den letzten Drücker in die Proben gegangen und habe bei diesen zugesehen. Das Thema, mit dem sich die Schülerinnen und Schüler beschäftigt hatten, war der Wunsch und der Traum vom Fliegen. Ein Schüler sagte: »Fliegen heißt, dem Alltag zu entkommen, alles hinter sich zu lassen und loszulassen.« Das Gefühl zu fliegen wurde hier mit Freiheit verbunden und mit Hilfe von verschiedenen Choreografien, Musik und Schauspielerei sowie Kurzfilmen präsentiert. Das Stück hat mir sehr gut gefallen, weil es einen zum Nachdenken gebracht hat und einem die Möglichkeit gelassen hat, offene Fragen, die die Schüler in den Raum gerufen haben, selbst für sich zu beantworten!

Probe

Um 10:00 Uhr durfte ich dann mit zur Teamsitzung kommen. Ich habe mich der Ballettbetriebsdirektorin Frau Schmidt vorgestellt und durfte mich dann dazusetzen. Es wurde viel besprochen, unter anderem wurde der vergangene Tag der offenen Tür besprochen und auch Änderungsvorschläge und Lösungen von verschiedenen Problemen. Es war mal interessant dabei zuzuhören…

Nach der Teamsitzung habe ich mich mit Marie, der Praktikantin in der Ballettschule, die sich gestern nach meinem Generalprobenbesuch die offizielle Vorstellung des TuSch-Projektes angesehen hatte, getroffen. Wir haben uns dann dazu entschieden einen Artikel für das »Journal«, das Magazin der Hamburgischen Staatsoper, gemeinsam zu schreiben und das hat wirklich gut geklappt ;) Als wir fertig waren, haben Jerome und Daniela den Artikel nochmal gegengelesen und jetzt kommt dieser wahrscheinlich in die nächste Ausgabe.

Am Nachmittag dann durfte ich mit in die Kreationsprobe von John Neumeier zu seinem nächsten Ballett »Tatjana«. Das ist zwar noch alles geheim, aber ich fand es richtig beeindruckend. Ich konnte sehen wie so ein Stück überhaupt entsteht. Das war jetzt sozusagen die Schaffung, die Kreation eines ganz neuen Balletts, welches aus dem Nichts von ihm nur zur Musik und aus seinen Notizen improvisiert wurde, also entstand… Herr Neumeier erklärte erst ein bisschen und dann zeigte er selber den Balletttänzern seine Ideen der Choreografie, einzelne Bewegungen und machte auch vor, wie sie diese umsetzen sollten. Es ist aber auch bewundernswert wie schnell die Tänzerinnen und Tänzer all die Ideen umsetzen konnten und sich auch die Schrittabfolge und Formation merken konnten. Alles wurde mehrfach geübt bis es gut klappte und die Ballettmeister und die Choreologin, die so eine spezielle Schrift kann, schrieben sich die Schritte und Formationen auf und filmten mit. Es war wirklich cool und lustig, da die Probe nicht die ganze Zeit streng verlief, sondern auch viel gelacht wurde. Ich konnte mir vorher gar nicht vorstellen, wie ein Choreograf seine Ideen umsetzt und wie er den Tänzerinnen und Tänzern klar machen kann, wie sie was ausführen sollen.

Als die Probe zu Ende war, hatte ich das zum ersten Mal nun gesehen und habe nun auch meinen Blogeintrag fertig. Die Zeit hier vergeht irgendwie immer mega schnell. Morgen ist schon mein letzter Tag hier ;(

Na ja, dann mal bis morgen,
Eure Zoé ;)

Vor der Wiederaufnahme – ein Eindruck aus der letzten Ballett-Werkstatt zu Tanz auf sakraler Musik

$
0
0

Morgen steht John Neumeiers »Messias« wieder auf der Bühne. Über die letzte Ballett-Werkstatt zum Thema Tanz auf sakrale Musik, schreibt unsere Bloggerin.

Weg aus Schritten
Von Pia Christine Boekhorst
Mit dem falschen Fuß aufgestanden und aus dem Tritt geraten, durch die Umstellung auf die Sommerzeit, erreiche ich am Sonntagmorgen ein wenig müde die Hamburgische Staatsoper, um mir John Neumeiers Ballett-Werkstatt anzuschauen. Doch schon der Anblick der Tänzer, die sich im öffentlichen Training auf der Bühne warm machen, weckt mich auf. Der Anlass zur Werkstatt mit dem Thema »Messias. Fragmente von Handlung. Elemente eines Geschehens« ist die Wiederaufnahme des Balletts zur Musik Georg Friedrich Händels am Karfreitag, 18. April 2014. Der »Messias« zu Ostern schließt an die Premiere des »Weihnachtsoratorium I-VI« im vergangenen Dezember an.

Aleix MartinezAleix Martinez © Holger Badekow

Zur Kreation des »Messias« entschied sich Neumeier im Jahr 1999, weil er zum Abschluss des Millenniums etwas Besonderes kreieren wollte. Ihm war unwichtig, wie er Silvester feiern würde, wichtig war ihm vielmehr, was sein letztes Ballett in dem „alten“ Jahrtausend sein würde. Neumeier ist bewusst, dass manche Menschen getanzte Spiritualität als blasphemisch ablehnen. Doch er ist auch überzeugt, dass »mit trainierten Körpern und hoher Konzentration« die Beziehung zwischen Gott und Mensch in Bewegungen ausgedrückt werden kann.

Während der Kreationsphase des »Messias« standen die Bibeltexte in der Zusammenstellung von Charles Jennens nicht im Vordergrund. Neumeier ist der Ansicht, dass die Handlung des Oratoriums, wollte man sie detailgenau in Tanz übertragen, ein Ballett überfrachten würde. Zudem fehle den von Jennens ausgewählten Textpassagen ein roter Faden, wie er beispielsweise die »Matthäus-Passion« durchziehe.

Zudem liegt Neumeier Wert auf die Aktualität und Authentizität seiner Werke. Besonders bei Wiederaufnahmen setzt er sich deshalb kritisch mit seiner Choreografie auseinander und versucht, immer wieder zu deren Kern vorzudringen. »Es ist eine sonderbare Geschichte: ich schaue auf meine alten Notizen, sehe, was die Ballettmeister mit den Notationen von damals einstudiert haben und es gibt so viel, was ich zwar kenne, aber vergessen habe«, meint er nachdenklich. Umso dankbarer ist er der Kunst dafür, dass sie die Vergangenheit in die Gegenwart zurückbringt. Doch der Choreograf warnt: »Ballett ist nicht wie Tiefgekühltes! Es ist nicht eingefroren und wenn man es auftaut, schmeckt es noch ganz gut.«

Genau erinnert sich der Hamburger Chefchoreograf an den Tag im Jahr 1999, an dem er seinen Tänzern ankündigte: »Heute machen wir mal keine Choreografie!« Ohne Musik entwickelte er mit ihnen eine Abfolge von Schritten: erst sechs, dann fünf, drei, vier und wieder sechs jeweils mit einer Wendung. Bei den nächsten Durchgängen sollte immer ein Schritt weggelassen werden. Bei der Ballettwerkstatt schreiten Aleix Martínez und Silvia Azzoni hochkonzentriert im Carré, aber Neumeier ist mit ihrem Ausdruck noch nicht zufrieden. Er erläutert: »Das Schrittmuster ist wie ein Lebensweg. Hier kommen sich jetzt durch die Verringerung der Schritte zwei Menschen immer näher und ihre Beziehung ändert sich.« Im zweiten Anlauf wird dies deutlich: wie magnetisch angezogen schaut Silvia Aleix nach, der von ihren Blicken irritiert wird. Beim tatsächlichen Stück sind weitere »Lebensweg-Menschen« sowie »Störfaktor-Darsteller« auf der Bühne. Während Erstere stur ihren Weg verfolgen, bricht Silvia aus der Struktur aus. Die Tänzerin fällt, Aleix hebt sie auf und versucht wieder in seinen gewohnten Gang zu kommen, Silvia liegt wieder am Boden, er richtet sie auf. So geht es weiter, bis er sie schließlich trägt und auf seinen Lebensweg mitnimmt. Auf diese Weise entsteht aus einer abstrakten Nummernfolge eine emotionale Geschichte.

Marc JubeteMarc Jubete © Holger Badekow

Anhand zweier Beispiele verdeutlicht Neumeier die unterschiedlichen Qualitäten, die einen Pas de deux charakterisieren. Zunächst tanzen Silvia und Lloyd Riggins »Aus Liebe will mein Heiland sterben« aus der »Matthäus-Passion«. Dabei geht es um eine Liebe, die nicht sensueller oder erotischer Art ist. Stattdessen steht der Dialog mit einer spirituellen Kraft im Vordergrund. Obwohl dieser Austausch sehr intensiv ist, macht es den Anschein, als ob immer einer der beiden nicht da ist. Silvia und Lloyd schauen sich nie direkt in die Augen, so dass ihr Tanz eine ätherische Qualität erhält. Im Gegensatz zu diesem liebevollen Pas de deux ist »But who may abide the day of His coming?« aus dem »Messias« voll kämpferischer Spannung.

Der Solist Aleix verkörpert die Rolle des Christus oder allgemeiner des Märtyrers in dem »Messias«, die ihm Lloyd »übergeben« hat. Der Erste Solist tanzte die Partie bei der Premiere 1999 und hat in Vorbereitung auf die Wiederaufnahme mit Aleix die Choreografie einstudiert. »Ich habe nur zugeschaut und komplizierte Fragen gestellt«, gibt Neumeier zu. Bei der Werkstatt zeigt Aleix das Solo »He was despised«. Zunächst mit einem schwarzen Mantel bekleidet, begibt sich Aleix auf eine große Rampe in der Mitte der Bühne, die als Weg zu Gott interpretiert werden kann. Aleix entblößt sich, trägt nur noch eine hautfarbene Unterhose und hockt an der Spitze der Schräge. Es ist ein Bild des Jammers. Doch er schafft es, sich zu einem weißen Hemd zu bewegen, das ein Stück entfernt am Boden liegt. Als er sich das Hemd anzieht, scheint er kurze Zeit von Energie und Selbstbewusstsein strotzend jeden Berg erklimmen zu können, und doch sitzt er am Ende wieder zusammengekauert auf der Spitze der Schräge.

Damit das Publikum nicht unter dem Einfluss eines traurigen Schlussbildes nach Hause geht, beendet Neumeier die Werkstatt mit dem fulminanten »Jauchzet, frohlocket« aus seinem Ballett »Weihnachtsoratorium I-VI«. Denn er meint: »Weihnachten ist zwar noch eine Weile hin, aber die Botschaft von Liebe und Friede gilt für jede Jahreszeit«.  Mit diesem Gefühl trete ich beschwingten Schrittes meinen gewohnten Weg nach Hause an und bin offen für »Störfaktoren«, die mich von meinem Alltagstrott ablenken. Meine Müdigkeit hatte ich da längst überwunden.

4. Tag beim HAMBURG BALLETT

$
0
0

Hey,
heute ist leider schon der letzte Tag meines Praktikums. Das ist echt schade, weil es hier echt Spaß gemacht hat/ macht. Aber dazu am Ende mehr... ;) Heute Morgen half ich beim Pressespiegel und habe sogar einen Artikel über das Hamburg Ballett gefunden ;P Danach habe ich mir noch mal das Programmheft von »Messias« durchgelesen, um mich in die Geschichte einzuarbeiten, da heute Nachmittag die Fotoprobe für das Ballett stattfindet. Das ist sozusagen die Probe mit Kostümen, Maske, Orchester, Chor und  auch Fotografen. Die Wiederaufnahme ist am Freitag. Diese werde ich auch besuchen.

Zoé

Nachdem ich mit dem Programmheft fertig war, sollte ich eine Plakatübersicht machen. Das heißt, ich sollte alle Plakate zählen, von denen es mindestens zehn Stück gibt und sie mit Namen des Balletts und Anzahl in einer Tabelle auflisten, da diese in einer Buchhandlung verkauft werden sollen. Das war jetzt nicht so mega spannend, weil es relativ lange gedauert hat, aber das gehört halt auch mit dazu und so schlimm war das jetzt auch nicht... ;P Am Nachmittag habe ich dann noch alte Programmhefte verschiedener Ballette in das Regal der Pressestelle einsortiert und konnte so ein wenig herumstöbern.

Da ja heute mein letzter Tag ist, wollte ich mich noch mal bei allen Kollegen für die schöne Zeit hier bedanken, weil ich freundlich aufgenommen worden bin und alle immer nett zu mir gewesen sind und wir viel Spaß gehabt haben. Zum Abschied haben wir alle ein Gläschen Prossecco getrunken (ich natürlich nicht ;P) und Eis gegessen. Wir mussten uns aber beeilen, weil ja um 17:00 Uhr die Fotoprobe war. Also sind wir in die Staatsoper gefahren und haben uns die Probe angesehen. Es waren relativ viele Menschen bei der Fotoprobe. Ich hatte bisher ja nur die Probe des Stücks ohne Kostüme, Maske und Technik gesehen. Das war heute anders. John Neumeier, der Choreograf, seine Ballettmeister, die Choreologin und viele Andere saßen in der Mitte des Theatersaals an einem großen Pult und verfolgten die gesamte Afführung. Mir hat es echt gut gefallen und ich freue mich schon auf die erste wirkliche Vorstellung am Freitag!!!

Nach der Probe habe ich mich dann von allen verabschiedet. Ich glaube, mir wird das hier erstmal alles fehlen. Obwohl ich nur vier Tage im Ballettzentrum war, habe ich mich total an diesen Alltag gewöhnt, weil es auch einfach richtig Spaß gemacht hat. Ich hatte die Möglichkeit bei richtigen Proben zuzusehen, auch mit John Neumeier, durfte in der Pressestelle mitarbeiten und habe viele nette Menschen kennengelernt.

Nochmals vielen Dank für alles und hoffentlich bis bald,

liebe Grüße,
Eure Zoé

Dänemark gewidmet

$
0
0

Interview mit Lloyd Riggins über »Napoli«
von Jonas Zerweck

Lloyd RigginsLloyd Riggins © Holger Badekow

Lloyd Riggins wird in der kommenden Spielzeit »Napoli« inszenieren und choreografieren. John Neumeier hatte sich schon lange mit dem dänischen Klassiker auseinandergesetzt und legt die erste Premiere der Spielzeit nun in die Hände seines langjährigen Tänzers und Ballettmeisters. Das Ballett des dänischen Choreografen August Bournonville von 1842 erzählt die Geschichte der jungen Teresina, die sich in den armen Fischer Gennaro verliebt. Als Teresina auf See mit ihrem Liebsten bei einem Sturm kentert, hält man sie für tot. Dabei landet sie jedoch in der »Blauen Grotte« des Seedämons Golfo, der sie zu einer seiner Najaden macht und ihre Seele aufbewahrt. Schließlich findet der Fischer Gennaro sie und kann sie durch seinen tiefen Glauben und seine wahrhaftige Liebe zurückgewinnen. Am Ende heiraten der Fischer und seine Braut bei einer großen Feier, die eines der größten Freudenfeste in der Geschichte des Tanzes darstellt.

Worum geht es in »Napoli«?
Lloyd Riggins: Ich denke, Bournonville ging es in dem Ballett darum, den Wert der Standhaftigkeit zu verbildlichen, also die menschliche Fähigkeit darzustellen, an seinen Überzeugungen festzuhalten, Versuchungen zu widerstehen und sie mit einem festen Glauben und viel Menschlichkeit zu überwinden. Ich finde es sehr wichtig, über Eigenschaften, die in der damaligen Zeit als gut galten, auch heute noch nachzudenken. Es sind einfache aber grundlegende Fragen danach, wie man ein guter Mensch sein kann, die dieses Ballett zum Thema hat.

»Napoli« ist ein dänischer Klassiker…
…es ist das dänische Nationalballett! Seit seiner Premiere 1842 steht es in Dänemark wahrscheinlich ununterbrochen auf dem Spielplan und wird überall gespielt, in immer neuen Fassungen. Es ist einfach ein Teil Dänemarks und steht für seine Werte.

Welche Werte sind das?
Menschlichkeit zum Beispiel. Es geht nicht um Märchenprinzessinnen, Könige und Prinzen, sondern um einfache Menschen aus dem Volk. Bournonvilles Balletten liegt eine wundervolle Menschlichkeit inne. Das war in der Ballettgeschichte neu und sicher eine von seinen großartigen Ideen, die ihn für mich mit Johns Arbeit verbinden.

Hat sich das Ballett seit seiner Premiere verändert?
»Napoli« wurde über mehr als 150 Jahre von Direktor zu Direktor in Dänemark weitergegeben. Nur der erste und der dritte Akt von Bournonville sind überliefert, die Aufzeichnungen zu dem zweiten gingen verloren. Insgesamt blieb der Kern, die Leitidee Bournonvilles dabei natürlich erhalten, aber Teile wurden immer wieder verändert. Zum Beispiel weiß man heute, dass der berühmte Pas de Six im dritten Akt ursprünglich ein Pas de Quatre war und im Laufe der Zeit berühmten Tänzern Soli hinzuchoreografiert wurden. Ich werde meinen eigenen Beitrag bei der Neuinszenierung in Hamburg vor allem im zweiten Akt leisten.

Wie werden Sie »Napoli« inszenieren und choreografieren?
Insgesamt ist mein Ziel nicht, das Gesamtwerk radikal zu modernisieren, neu zu interpretieren oder es in unsere Zeit zu übertragen. Ich möchte den Kern, den Geist des Stückes, wie ihn sich Bournonville dachte, treffen – auch in der Neukreation des zweiten Aktes. Erst kürzlich bin ich auf eine Abschrift des Librettos Bournonvilles gestoßen, ein enormes Buch, das mir dabei hilft, ihn und die Essenz des Stückes zu verstehen. Viele Hamburger kennen »Napoli« noch nicht und ich möchte Ihnen das Stück natürlich möglichst unverfälscht vorstellen. Ich liebe und respektiere die traditionelle Inszenierung des ersten und dritten Aktes, so wie ich sie kenne, wie ich sie selber kennengelernt habe.

Wie werden Sie den zweiten Akt umsetzen?
Der zweite Akt spielt in einer ganz anderen Welt, in der »Blauen Grotte« Golfos. Ich werde nicht versuchen Bournonvilles Stil zu imitieren, sondern mich von ihm in meiner Choreografie inspirieren lassen. Am Ende müssen die drei Akte zusammenpassen, ein stimmiges Gesamtwerk ergeben, dabei darf der zweite Akt nicht aus dem Rahmen fallen.

Warum haben Sie sich für ein Ballett Bournonvilles entschieden?
John Neumeier gab mir den Auftrag, diesen dänischen Klassiker zu inszenieren und zu choreografieren. »Napoli« ist für mich persönlich und tänzerisch von besonderer Bedeutung. Bournonville, sein Stil und die Zeit, als ich in Dänemark getanzt und gelernt habe, haben mich, mein Wissen und Wesen als Tänzer, stark beeinflusst. Ich möchte dieses Wissen, diese Erfahrung den Tänzerinnen und Tänzern des HAMBURG BALLETT weitergeben und halte »Napoli«dafür sehr geeignet.

Wie wurde »Napoli« so wichtig für Sie?
Der Direktor Frank Andersen holte mich nach Kopenhagen als ich 17 Jahre alt war. Er hatte mich in den USA bei einem Bournonville-Workshop gesehen, ein Talent in mir entdeckt und mir angeboten nach Dänemark zu kommen. Frank hat uns jungen Tänzern damals viele Chancen gegeben, tanzen zu können, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Ich war damals Aspirant, weil ich noch nicht volljährig war, und tanzte schon die ersten beiden Soli in »Napoli« und einige weitere Rollen. Mein erstes großes Solo beim Königlich Dänischen Ballett hatte ich mit dem Solo aus dem Pas de Six in »Napoli« am 19. Januar 1988. Das erinnere ich noch, als sei es gestern gewesen. Heute bin ich sehr glücklich darüber, die Tradition Bournonvilles fortsetzen zu dürfen. Deshalb möchte ich dieses Werk Frank, meiner Zeit in Dänemark und John widmen. Sie alle sind für mich wie Brücken in meinem Leben, auf meinem Weg.


Tatjanas Welt

$
0
0

Voller Spannung habe ich diese Ballett-Werkstatt V am 1. Juni erwartet! Denn John Neumeier würde bei der letzten Werkstatt dieser Spielzeit über sein neues Ballett »Tatjana« sprechen, das am 29. Juni Uraufführung in der Hamburgischen Staatsoper feiert und bei dem es sich derzeit noch um ein »work in progress« handelt.

Helene Bouchet - John NeumeierHélène Bouchet, John Neumeier © Holger Badekow

Von Pia Christine Boekhorst
Das Thema der Ballett-Werkstatt ist die bevorstehende Uraufführung von »Tatjana«, John Neumeiers Ballett nach Alexander Puschkins Versroman »Eugen Onegin« zur Musik von Lera Auerbach, das den Auftakt zu den 40. Hamburger Ballett-Tagen bildet. John Crankos Ballett nach selbiger Vorlage zu Peter I. Tschaikowskys Musik gehört bereits zum Repertoire des HAMBURG BALLETT. Ich liebe es und habe mich vor der Werkstatt gefragt, ob eine andere Choreografie denselben Stoff ebenso ergreifend umsetzen könnte. John Neumeier geht es da anscheinend nicht anders, denn er betont, dass er kein »besseres« Werk als Cranko schaffen wolle, aber ein »anderes«. Als junger Tänzer beim Stuttgarter Ballett hatte er 1965 bei jeder Probe Cranko über die Schulter geschaut und dessen schöpferische Arbeit bewundert – der Hamburger Ballettintendant erinnert sich »als sei es erst gestern gewesen«. Gerade deshalb will er mit seiner Version ein anderes Licht auf Puschkins Figuren werfen.

Neumeiers Wahl des Titels »Tatjana« gibt schon einen Hinweis darauf, wer bei ihm im Mittelpunkt des Balletts stehen könnte. In erster Linie geht es dem Choreografen um die Perspektive. In Puschkins Vorlage wird das Mädchen Tatjana Larina als scheu, still und zugleich ein wenig wild beschrieben. Sie versteckt dauernd ihre Nase hinter einem Buch und träumt sich in eine andere Welt. »Tatjana sieht die Welt poetisch«, wie Neumeier es ausdrückt. Er hält diesen Aspekt für bedeutsam und hat aus diesem Grund die Romanfiguren in den Prolog seines Balletts integriert, woraus die Tänzerinnen und Tänzer bei der Ballett-Werkstatt einen Ausschnitt zeigen.

Hélène Bouchet als Tatjana knuddelt ihren Riesen-Teddy und vertieft sich kurz darauf vollkommen in einen Roman. Nach und nach werden Figuren aus ihren Büchern lebendig und ziehen sie tiefer in die Fantasiewelt hinein. Voller Spannung, Freude und Mitgefühl bewegt sich Tatjana zwischen den Romanfiguren. Obwohl nur ein kleines Mädchen, hat sie doch durch die Literatur Teil an der Welt der Erwachsenen. Da begegnen ihr beispielsweise Julie Wolmar, Harriet Byron und der Vampir Ruthven. Letzterer wird von Edvin Revazov verkörpert, der ebenso den Onegin tanzt.

Edvin Revazov - Helene Bouchet - John NeumeierEdvin Revazov, Hélène Bouchet, John Neumeier © Holger Badekow

Auch die Figur des Onegin möchte Neumeier näher beleuchten. In Crankos Ballett lernt das Publikum Onegin erst mit seiner Ankunft auf dem Land kennen. Dort wirkt er gelangweilt und arrogant. Im Programmheft konnte ich nachlesen, dass er ein Dandy ist. Doch viel mehr habe ich nicht über sein Leben erfahren. Neumeier dagegen beschreibt in seiner Choreografie, ebenso wie Puschkin in seinem Versroman, den Tag im Leben des reichen Städters, bevor er zur Familie Larina aufbricht.

Edvin Revazov als Onegin liegt zunächst in seinem Bett. Als er aufsteht wird klar, dass er die Nacht nicht allein verbracht hat. Sein Tag wird gefüllt mit einem Spaziergang im Park, einem Ball in feiner Gesellschaft und einem Besuch im Theater. Dazwischen zieht er sich gefühlte tausendmal um – er ist schließlich ein Mann von Welt! Im Eiltempo stolziert er von einer Veranstaltung zur nächsten. Nur im Theater, beim Anblick einer Ballerina und ihrer Cleopatra-Interpretation verliert er seine versnobte Maske. Und dann erhält er die Nachricht vom Tod seines Vaters und verlässt mit diesem Wissen die Stadt. Hier endlich kann ich Onegins spätere kalte Abfuhr Tatjanas und an das einfache Landleben nachvollziehen, welche ich in Crankos Ballett nur als überheblich und unsensibel empfunden habe. Ich glaube, dass Onegin zum einen trauert und man ihn nicht versteht; dass er zum anderen Ablenkung sucht, die ihm weder die unerfahrene Tatjana noch die Dorfgesellschaft auf den ersten Blick bieten kann. Aber das ist schon meine Interpretation.

Man spürt den Unterschied zwischen Tatjana und Onegin deutlich in einer der ersten Begegnungen der beiden, in der die Initiative von der verliebten Tatjana ausgeht. Zunächst alleine, hält das Mädchen sehnsuchtsvoll Onegins Lederjacke im Arm, bevor sie das Kleidungsstück gegen ihr weiches Kuscheltier tauscht. Der Teddy spendet ihr Trost, bis plötzlich Onegin erscheint und sie vor Schreck den Bären fallen lässt. Das Stofftier schlägt einen Purzelbaum. Unterdessen tanzt Tatjana mit Onegin und nimmt Abstand von ihrer Kindheit. Doch ist es nicht nur das Mädchen, das – inspiriert durch die Literatur – von einem Treffen mit Onegin träumt?

Neumeier sagt, dass er sich selbst noch nicht sicher ist. Er wisse nicht genau, ob sich Tatjana und Onegin tatsächlich an dieser Stelle nahe kommen oder ob sich das Geschehen nur in Tatjanas Kopf abspielt. Fest steht, dass in Neumeiers Ballett die Grenzen zwischen Vergangenheit, Realität, Zukunft und Traum verwischen und sich verschiedene Ebenen überlagern, also gleichzeitig stattfinden.

Helene BouchetHélène Bouchet © Holger Badekow

Für mich waren die gezeigten Szenen absolut schlüssig und ich bin nun neugierig, welche neuen Blickwinkel und Interpretationen Neumeier uns noch bieten wird. Überzeugt bin ich aber jetzt schon, dass ich zwei höchst unterschiedliche Ballette nach Puschkins »Eugen Onegin« ins Herz schließen kann.

Der Pianist mit dem wertvollen Schatz

$
0
0

Interview mit Christopher Park
von Jonas Zerweck

Christopher Park ist ein Ausnahmepianist. Das zeigen seine weltweiten Solokonzerte und das meint auch die Jury des Leonard Bernstein Award, der beim Schleswig-Holstein Musik Festival vergeben wird. Er habe eine »faszinierende technische Souveränität, unglaubliche musikalische Reife und besonders intensive Spielkultur«, so die Begründung der Jury. Am 12. Juli wird er im Rahmen der 40. Hamburger Ballett-Tage mit dem HAMBURG BALLETT drei Werke bei der Vorstellung „Ballette für Klavier und Stimme“ aufführen, bevor er genau eine Woche später den Leonard Bernstein Award erhält.

Alexandre RiabkoAlexandre Riabko, Christopher Park @ Hamburg Ballett

Haben Sie neben »Ballette für Klavier und Stimme« eine eigene Verbindung mit dem Tanzen?
Ich musste natürlich die obligatorischen Tanzkurse mit der ersten Freundin machen. Für Ballett aber habe ich schon immer eine wahnsinnige Faszination gehabt. Es gibt tolle Transkriptionen von verschiedenen Balletten für das Klavier. Als ich die gespielt habe, bin ich sehr regelmäßig ins Ballett gegangen. Eine direkte Kooperation erlebe ich jetzt zum ersten Mal.

Erarbeiten Sie sich die Stücke bei dieser Kooperation im Vorhinein alleine oder mit John Neumeier zusammen?
Natürlich habe ich das musikalisch selbst erarbeitet. Ich kümmere mich als Musiker um die Musik und der Choreograf um den Tanz. Es ist ganz klar, das eine Arbeit für sich selbst steht. Ab dem Zeitpunkt aber, an dem wir mit der Probenarbeit beginnen und die beiden Welten verweben, gibt es natürlich Schnittpunkte bei denen man aufeinander zugehen und kooperieren muss. Meistens geht es dabei um das Tempo. Ich richte mich da  als Musiker nach den Tänzern, so dass die Musik für sie überhaupt umsetzbar ist.

Das Wunderbare an der Zusammenarbeit mit John Neumeier ist, dass er mich immer wieder dazu ermutigt hat, einfach ganz frei zu sein. Ich sollte mich in der ersten Zeit nicht vom Tanzen ablenken lassen, so dass die Tänzer versuchen mussten, sich nach mir zu richten. Die Aufmerksamkeit muss von beiden Seiten kommen. Ich versuche darauf zu achten, dass ich ihnen nicht wegrenne oder dass ich zu langsam werde und die Tänzer passen auf, dass sie mit der Musik zusammen sind.

Wie würden Sie die Verbindung zwischen Tänzern und Pianist bei diesen Aufführungen beschreiben?
Das ist von Werk zu Werk unterschiedlich. In dem Zyklus der »Kinderszenen« zum Beispiel herrscht durch die gesamte Choreographie hinweg immer mal wieder ein sehr intensives Band zwischen einzelnen Tänzerinnen und Tänzern und mir. Wir interagieren auch direkt und bauen einen engen Kontakt auf. Das ist eine sehr enge Verbindung.

Bei »Vaslaw« ist es ähnlich, da es ein sehr persönliches Werk von Neumeier ist und deswegen auch dort eine sehr große Nähe zwischen Pianist und Tänzern besteht.

Aber bei den »Petruschka-Variationen« hingegen fühle ich mich eher als Beobachter von oben. Das ist natürlich ein kleiner Widerspruch in sich, denn die Tänzer tanzen um mich herum. Aber dennoch ist es mehr ein Beobachten. Die Choreografie bindet mich als Pianisten nicht so stark ein.

Wie sehr müssen bzw. sollten Sie sich in die Tänzer hineinfühlen?
Das Schöne ist, dass es wahrscheinlich kein »sollte« gibt. Dieses Ballett-Format baut nicht auf eine jahrhundertealte Tradition auf, sondern ist recht neu. Man kann es selbst neu mit entdecken und zum Teil auch mit entwickeln. Für mich persönlich ist es so, dass ich wahnsinnig gerne auf die Tänzer achte und versuche das irgendwie einzubinden.

Am Ende muss man bei der Aufführung von Musik sehr frei sein und dann ist es wunderbar, wenn man zum Beispiel im Pas de deux des zweiten Satzes von den »Petruschka-Variationen« den beiden Tänzern zuschauen kann. Ich kann auf gewisse Bewegungen achten und sie mit der Musik verbinden. Die Tänzerin lässt am Ende ihren Arm fallen und ich kann darauf achten, dass zeitgleich in der Musik der wunderbare harmonische Abstieg erklingt. Das erhöht den Eindruck der Szene sehr deutlich und löst dann auch beim Publikum viel mehr Resonanz aus. Dann wird gelacht oder geschmunzelt und es macht mir selber auch einen irrsinnigen Spaß, Musik und Bewegung aufeinander abzustimmen.

Warum ist diese Kooperation für Sie so spannend?
Das ist eine generelle Sache. Man möchte ja Musiker und nicht Pianist sein. Das Ideal, ein vollständiger Künstler zu sein, erreicht man nur, wenn man viele Perspektiven kennt. Als Musiker gehört es dazu, dass man nicht nur solistisch auftritt, sondern sich auch kammermusikalisch beschäftigt, Liedbegleitung spielt, mit einem Orchester arbeitet und alles Andere. Ganz besonders gehört es aber dazu, dass man nicht einen Tunnelblick entwickelt und nur auf die Kunst bezogen ist, die man ausübt. Man muss auch die Parallelen, Brücken und Einflüsse bei den Künsten untereinander erkennen.

Für mich ist dieses Zusammenspiel so spannend, weil es mich in meiner Vorstellung von Bewegung in der Musik verändert hat. Wenn man Stücke zusammen mit Tänzern erarbeitet, hat man Zugang zu dem Ursprung von Bewegung. Das ist ganz wunderbar für mich und jedes Mal, wenn ich die »Petruschka-Variationen« im Solokonzert spiele, habe ich die Tänzer vor Augen. Es ist ein wertvoller Schatz für mich, dass ich diese Kooperation eingehen durfte.

Wie für Sie, ist auch für das Publikum die Situation ungewöhnlich, dass Sie umtanzt werden während Sie spielen. Wie ist das Feedback, das Sie wahrnehmen?
Das ist durchweg positiv! Es ist ja auch einfach eine schöne Idee. Der Tenor ist: Es ist besonders! Das ist es, weil es so selten ist und ich höre immer wieder den Wunsch, dass man es doch an viel mehr Orten spielen müsste. Diese Form ist eine tolle Sache, die noch viel Zukunft vor sich hat.

»Ballette für Klavier und Stimme« von John Neumeier
Aufführung: 12. Juli 2014, um 20.00 Uhr
Karten

Von Hamburg in die Welt

$
0
0

Etwa 80 Prozent der Tänzerinnen und Tänzer des HAMBURG BALLETT stammen von der eigenen Ballettschule. Doch was wird aus denen, die erfolgreich ihre Tänzerausbildung absolvieren, aber nicht in die Compagnie aufgenommen werden können?

von Felizia Langsdorf
Insgesamt 22 Schülerinnen und Schüler der Theaterklasse VIII der Ballettschule des HAMBURG BALLETT machen heute ihre letzte Prüfung, um danach als ausgebildete Tänzer ihre berufliche Laufbahn zu beginnen. Und stolz kann die neue stellvertretende Leiterin Gigi Hyatt verkünden, dass 21 der 22 Absolventen bereits ein Engagement für die nächste Spielzeit gefunden haben. Matias Oberlin hat es ins HAMBURG BALLETT geschafft, zwanzig andere Absolventen werden u.a. in Tokio, Leeds und München die Bühne betreten.

Die SchuelerRiku Ito, Hitomi Kawafuchi und Carl van Godtsenhoven © Hamburg Ballett

Die Japanerin Hitomi Kawafuchi war vielen in der »Werkstatt der Kreativität V« im Ernst Deutsch Theater aufgefallen, ihr Beitrag »Liebesträume« war sehr klassisch und erntete großen Beifall. In den »Ersten Schritten« tanzte sie Ausschnitte aus John Neumeiers »Dornröschen«. Sie kam als Schülerin aus Japan, als Tänzerin kehrt sie nun an das Tokyo Ballet in ihre Heimat zurück. Dabei wird sie »alte Bekannte« treffen, denn Ballett wie »Romeo und Julia« und »Spring and Fall« von John Neumeier sind dort im Repertoire.

Für das Vortanzen flog Hitomi im Frühjahr nach Japan. Dabei wollte sie keinesfalls unbedingt zurück in ihre Heimat, aber sie konnte dort überzeugen und ist nun sehr zufrieden damit. Sie freut sich darauf, ihre Eltern und Freunde wieder regelmäßiger zu sehen und – das sagt sie in aller Bescheidenheit – dass sie sie jetzt endlich auf der Bühne erleben können.

Aus Hamburg mitnehmen wird sie vor allem die Ausbildung im zeitgenössischen Tanz. Denn bevor sie nach Hamburg kam, war sie rein klassisch ausgebildet. Dabei war für Hitomi von klein auf klar, dass sie professionelle Tänzerin werden möchte. Nun freut sie sich, dieses Ziel erreicht zu haben und weiter wachsen zu können.

Den Franzosen Carl van Godtsenhoven zieht es nicht ganz zurück in seine Heimat. In der kommenden Spielzeit wird er beim Bayerischen Staatsballett 2 tanzen. Der Schüler, der nicht nur den Pas de Quatre aus John Neumeiers »Mozart 338« bei den »Ersten Schritten« tanzte, sondern auch sehr viel Applaus für sein Solo in Eric Bruhns »Here we come« erntete, konnte in München einen Vertrag bekommen.

Den ersten Ballettunterricht erhielt Carl von seiner eigenen Mutter sowie Großmutter und entschied mit 15 Jahren, dass Tanzen das ist, was er später in seinem Leben machen möchte. Im Jahr 2012 nahm er am Prix de Lausanne teil und erhielt ein Stipendium für die Schule des HAMBURG BALLETT.

Nach seiner Teilnahme am Training der Junior Compagnie des Bayerischen Staatsballett und dem Vortanzen einer Variation hatte Carl dann auch den Vertrag aus München in der Tasche.  Dabei wird er natürlich seine Freunde hier in Hamburg vermissen. Am 1. September geht es für den jungen Tänzer los in München.

Auch Riku Ito aus Yokohama, Japan, wird seine Kollegen in Hamburg vermissen. Er darf schon ab 21. Juli sein Engagement in England antreten. Das heißt für ihn zwar kaum Ferien, aber er nimmt es gelassen und freut sich auf das Northern Ballet sowie auf die neuen Herausforderungen. In Hamburg hatte Riku schon durch die Rolle des Blauen Vogel in dem Pas de deux aus »Dornröschen« in »Erste Schritte« überzeugt.

Riku hatte mit vier Jahren angefangen, Ballett zu tanzen. Nach einem Wettbewerb 2010 in Japan bot ihm die ehenmalige stellvertretende Direktorin Marianne Kruuse ein Stipendium für die Ballettschule in Hamburg an. Dabei zögerte er erst, hatte Angst, soweit fortzugehen. Doch seine Mutter konnte ihn schließlich überzeugen, diese Chance nutzen.

Mit 14 Jahren betrat er zum ersten Mal das Ballettzentrum Hamburg und hat diesen Schritt später nie bereut. Gelernt hat er, laut eigenen Angaben, vor allem mit Gefühl und dem Herzen zu tanzen, sich mit Tanz auszudrücken. Schon lange bevor sich die Absolventen auf Jobsuche begaben, sagten die Ballettpädagogen zu ihm, er solle sich ans Northern Ballett wenden, weil er so gut dorthin passen würde. Und sie hatten Recht. Das Northern Ballet, unter der Leitung von David Nixon, ist deshalb besonders, da es sich durch eine Vielzahl an theatralen Tanzproduktionen auszeichnet und viel auf Tournee geht. Auch »Peter Pan« als Ballett ist hier im Repertoire zu finden. 

Als das Vortanzen für diese Compagnie stattfand, war Riku verhindert, da er mit dem Ensemble des HAMBURG BALLETT auf Tour in den USA war. Als er um einen späteren Termin bat, teilten sie ihm mit, es wären alle Verträge vergeben. Doch er gab nicht auf, versuchte es noch einmal und hatte Glück.

Drei von 22 kleinen Erfolgsgeschichten, die auch Gigi Hyatt glücklich machen. Bislang 21 haben ein Engagement und sie drückt auch dem letzten fest die Daumen. 

Gemeinsam 75 Jahre beim HAMBURG BALLETT

$
0
0

Eduardo Bertini und Jean-Jacques Defago erzählen über ihren ersten Tag in Hamburg vor 40 und vor 35 Jahren

Eduardo Bertini und Jean-Jacques DefagoEduardo Bertini und Jean-Jacques Defago © Hamburg Ballett

von Daniela Rothensee
Stolz hält er das Jahrbuch zu den Ersten Hamburger Ballett-Tagen 1975 in den Händen: Eduardo Bertini, heute Künstlerischer Produktionsleiter und Ballettmeister des HAMBURG BALLETT. Er stand damals als junger Tänzer selbst auf der Bühne, war dabei als John Neumeier die erste Nijinsky-Gala moderierte, ein Format, das bis heute eine jede Spielzeit beim HAMBURG BALLETT abschließt. In diesem Jahr feiert Eduardo Bertini sein 40. Dienstjubiläum. 1974 kam der gebürtige Argentinier nach Hamburg, als Gruppentänzer in die noch junge Compagnie unter dem erst kurz in der Hansestadt wirkenden Ballettdirektor John Neumeier. »Ich habe es Ilse Wiedmann zu verdanken, dass ich nach Hamburg gehen konnte. Bei ihr hatte ich in Buenos Aires meinen ersten Ballettunterricht, bevor sie ab 1973 als Ballettmeisterin zu John Neumeier nach Hamburg ging. Dank ihr habe ich es ohne ein offizielles Vortanzen in die Compagnie geschafft«.

Eduardo Bertini erinnert sich noch gut an seinen ersten Tag in Hamburg. »Ich kam im Wintermantel in den Ballettsaal«, lacht er, »mitten im August!« Aus seiner Heimatstadt Buenos Aires in Argentinien war er zu diesem Zeitpunkt kalte Wintertemperaturen gewohnt. Neu waren für den damals 23-jährigen aber auch die Dimensionen von Bühne und Zuschauerraum: »Ich kannte nur das Teatro Colón, wo ich seit 1971 als Tänzer engagiert war. Mit seinen 2500 Sitz- und 1000 Stehplätzen ist es natürlich ein riesiges Haus und die Bühne ist breiter und verengt sich nicht nach vorne hin.« Kaum in Hamburg, hieß es gleich voll einzusteigen in die Probenarbeit. »Ich kam an und zwei Wochen später gingen wir auf Gastspiel nach Israel mit Stationen in Jerusalem, Tel Aviv und Caesarea. Meine erste Vorstellung mit der Hamburger Compagnie war also auf Tournee im Ausland. Das spartenübergreifende Gastspiel war das erste Gesamt-Gastspiel einer deutschen Oper in Israel und ein auch politisch wichtiges Ereignis. Als Ballett waren wir Teil der israelischen Erstaufführung der Oper Moses und Aaron von Arnold Schönberg, die unser Gastspiel im römischen Arena-Theater von Caesarea u.a. in Anwesenheit der früheren Ministerpräsidentin Golda Meïr eröffnete. Außerdem habe ich in Romeo und Julia getanzt. Insgesamt war das Gastspiel eine beeindruckende Erfahrung für mich als junger Tänzer.« Gut auch, um die neuen Kolleginnen und Kollegen »Im Unterschied zu heute wurde im Berufsalltag der Compagnie zu 80% Deutsch gesprochen. Ich konnte kein Wort als ich kam, und habe mich am Anfang immer gewundert, warum wir von einer deutschen Ballettmeisterin ständig gebeten wurden die Schritte und Übungen normal zu machen. Wieso normal, wie können wir sie denn nicht normal machen, rätselte ich. Bis ich schließlich verstand, dass sie nochmal sagte, uns also bat die Dinge zu wiederholen. Heute, wo mein Deutsch ziemlich gut ist, sprechen wir im Ballettsaal aufgrund der vielen internationalen Tänzer fast ausschließlich Englisch«.

Fünf Jahre später als sein Kollege und heute vor ziemlich genau 35 Jahren, am 3. September 1979, setzt ein anderer junger Tänzer den ersten Fuß in den Ballettsaal im Opernhaus am Dammtor: Jean-Jacques Defago, heute zuständig für die Website des HAMBURG BALLETT. »Vorher besuchte ich in Cannes die Ecole supérieur de Danse unter der Leitung von Rosella Hightower. Irgendwann stieß ich in einem alten Tanz-Magazin auf einen Bericht über das erste Gastspiel der Hamburger Compagnie in Paris, betitelt mit Der Prinz von Hamburg. Gemeint war damit John Neumeier. Ich sah mir sein Foto an und wusste sofort: In seiner Compagnie möchte ich tanzen, der hat so eine Stärke und Zielstrebigkeit in den Augen.« Trotzdem tanzt Jean-Jacques Defago zur Sicherheit auch in anderen Städten vor, wie München, Frankfurt und Zürich. »In allen Städten habe ich vor Ort noch einen Vertrag angeboten bekommen, habe sie dann aber hingehalten, weil noch das Vortanzen in Hamburg anstand, wo ich ja unbedingt hinwollte. Ausgerechnet hier hat man mir nicht sofort etwas gesagt. Zu meiner großen Freude kam dann wenig später ein Telegramm: John Neumeier bot mir einen Vertrag in seinem Ensemble an. Ich war überglücklich!« Vor seinem Umzug nach Hamburg besucht er in Cannes noch den Sommerkurs. Ein früherer Freund aus der Ballettschule, Jean-Christophe Maillot, der seit einem Jahr Mitglied des HAMBURG BALLETT ist, verbringt seine Sommerpause ebenfalls in der Stadt. »Jean-Christophe bekam Besuch von einem Tänzer-Kollegen aus Hamburg und das war Eduardo Bertini. Gemeinsam sind wir zu dritt im Auto nach Hamburg gefahren und Eduardo und ich sind zusammengezogen«. Hier fühlt sich der gebürtige Schweizer von Anfang an wohl. »Die erste Vorstellung in der Spielzeit war John Neumeiers Nussknacker. Ich war nicht besetzt und sah sie mir deshalb aus dem Zuschauerraum an. Beim Aufzug des zweiten Bildes wurde ich mit einem Mal sehr emotional, musste sogar weinen. In diesem Moment wurde mir schlagartig bewusst: Wow! Du bist jetzt wirklich Teil dieses Ensembles. Das war unbeschreiblich und wurde noch gesteigert, als ich in den Folge-Vorstellungen des Balletts dann auch selbst mitgetanzt habe!«

Gemeinsam stießen Eduardo Bertini und Jean-Jacques Defago zum Auftakt der neuen Spielzeit auf insgesamt 75 Jahre beim HAMBURG BALLETT – John Neumeier an!

Nachricht aus Kopenhagen

$
0
0

Gestern Abend eröffnete das HAMBURG BALLETT die neue Saison mit John Neumeiers »Tod in Venedig« auf Gastspiel in Kopenhagen. Wir wollten natürlich wissen, wie es gelaufen ist. Am Telefon stand uns Ballettbetriebsdirektorin Ulrike Schmidt Rede und Antwort.

Koenigliches OpernhausKönigliches Opernhaus @ Hamburg Ballett

Das Interview führte und verschriftlichte Daniela Rothensee

Frau Schmidt, was haben Sie denn von der gestrigen Premiere zu berichten?

Ulrike Schmidt: Die Premiere gestern Abend war ein voller Erfolg und sehr emotional, sowohl bei den Mitwirkenden als auch dem Publikum. Lloyd Riggins als Gustav Aschenbach war wie zu erwarten phänomenal, für ihn gab es Standing Ovations und als dann zum Schluss noch John Neumeier selbst auf die Bühne kam, waren die Reaktionen des Publikums einfach unbeschreiblich. Unser jüngster Erster Solist Alexandr Trusch gab sein erfolgreiches Rollen-Debüt als Tadzio, es war eine tolle Vorstellung von allen! Übrigens auch die erste unseres neuen technischen Leiters Frank Zöllner. Der Direktor des Royal Danish Ballet, unser Gastgeber Nikolai Hübbe, hatte für uns noch eine Nachfeier organisiert und hielt eine sehr herzliche und bewegende Rede des Dankes. Insgesamt ein unvergesslicher Auftakt unserer neuen Spielzeit, das kann man nicht anders sagen!

Und was steht heute und in den nächsten Tagen an?

Ulrike Schmidt: Heute Abend haben wir einen ganz speziellen Gast im Publikum: Dänemarks Königin Margarethe II. wird der Vorstellung beiwohnen. Gestern Abend hat sie nämlich in Berlin die neue Wikinger-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau eröffnet. Nun freuen wir uns auf sie für unsere zweite Aufführung! Und dann sind wir natürlich alle sehr gespannt auf die Premiere der neuen Besetzung mit Carsten Jung als Aschenbach und Aljoscha Lenz als Tadzio am Donnerstag! Auch Anna Laudere gibt ihr Debüt als Aschenbachs Assistentin und Karen Azatayan, der zu dieser Spielzeit als Solist neu in die Compagnie kam, tanzt »Konzepte« mit Hélène Bouchet – man darf sich freuen, die Stimmung ist auf jeden Fall sehr gut!

Was gibt es denn von den letzten Tagen noch so zu berichten? Wie waren zum Beispiel die Hinfahrt, die Proben…

Ulrike Schmidt: Wir sind ja am Sonntag bereits mit dem Bus von Hamburg nach Kopenhagen gefahren. Es war eine angenehme Reise, alles hat gut geklappt. Wir sind so gut durchgekommen, dass wir schon eine Fähre früher nehmen konnten, um halb eins anstatt wie geplant um eins. Alle drei Busse konnten gleichzeitig auf die Fähre, bei schönstem Wetter hatten wir dann mit allen eine nette Überfahrt, die ja ungefähr eine Dreiviertelstunde dauert. Einige Tänzer haben die Möwen gefüttert, die aus den Händen gefressen haben, es hatte ein wenig etwas von Urlaubsstimmung.

Wie ging es dann weiter?

Ulrike Schmidt: Am Montag war dann um 10 Uhr Training mit guter Stimmung, einige der Tänzer des Royal Danisch Ballet haben mit uns trainiert, es herrschte eine sehr freundschaftliche und herzliche Atmosphäre. Danach gab es Proben und nach der Mittagspause dann die Platzierung auf der Bühne für die A-Besetzung. Gestern stand dann vormittags ein Durchlauf mit der B-Besetzung auf dem Programm, bevor dann abends die A-Besetzung die Premiere tanzte. Das Theater hier ist übrigens wunderschön und obwohl es sehr gut verkauft war, blieb die Atmosphäre während der Vorstellung sehr intim irgendwie. Im Publikum saß auch Marijn Rademaker vom Stuttgarter Ballett, der ebenfalls ganz angetan war von der Premiere! Er ist gerade mit uns hier in Kopenhagen für Proben mit Hélène Bouchet. Die beiden werden nämlich Auszüge aus der »Kameliendame« in einer Gala in Amsterdam tanzen. Außerdem laufen hier gerade Proben zu »Die Kameliendame« mit der Compagnie des Royal Danish Ballet, die das Stück ja am 14. September wiederaufnimmt. Da ist John Neumeier natürlich auch dabei. Morgens trainieren einige unserer Ensemblemitglieder gemeinsam mit dem Royal Danish Ballet und gestern kam Ballettdirektor Nikolaj Hübbe ins Training und hat Ida Praetorius, die bei uns auch schon als Gast getanzt hat, zur Solistin gemacht. Sie wird dann in einer späteren Vorstellung in Kopenhagen zum ersten Mal die Marguerite in der »Kameliendame« tanzen. Wie Sie sehen passiert auf so einer Tournee ganz vieles parallel, alle sind immer in Bewegung.

Stark und zart – die Rolle der Myrtha in »Giselle«

$
0
0

Am 21. September 2014 wird in der Hamburgischen Staatsoper das Ballett »Giselle« in der Version von John Neumeier wiederaufgenommen.

Anna LaudereAnna Laudere als Myrtha in »Giselle« © Holger Badekow

Von Pia Christine Boekhorst, Studentin im Master Tanzwissenschaft an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln
»Giselle« gilt als Meisterwerk des romantischen Balletts. In der Choreografie von Jean Coralli und Jules Perrot wurde es 1841 in Paris uraufgeführt und stellte die Ballerinen der damaligen Zeit in den Mittelpunkt der Handlung. Während zuvor die männlichen Tänzer die Bühne beherrschten, war im romantischen Ballett die Choreografie darauf ausgerichtet, die Schönheit der Tänzerinnen zu präsentieren. Erstmals im 19. Jahrhundert standen Ballerinen auf Spitze und wurden zu wahrlich ätherischen Wesen, die über die Bühne schwebten. In »Giselle« stirbt die gleichnamige Protagonistin an gebrochenem Herzen und tritt in eine phantastische Welt ein, in der die Willis – elfengleiche Wesen, die vor ihrer Heirat starben – nachts ihr grausames Unwesen treiben.

Unter der Regie ihrer Königin Myrtha bringen die Willis Männer, die sich ihnen nähern, dazu, sich zu Tode zu tanzen. Trotzdem meint Hélène Bouchet, die die Rolle der Myrtha in John Neumeiers Inszenierung des Balletts am 26. September tanzen wird, dass man sie nicht als böse bezeichnen kann. Die Erste Solistin aus Frankreich sieht die Figur tiefgründiger und glaubt, dass ein Teil von Myrtha Giselle verstehen kann, weil sie das gleiche erlebt haben: »Beide haben einen Mann zutiefst geliebt, wurden noch vor der Hochzeit enttäuscht und starben. Im Grunde sind sie sich sehr ähnlich«. Dem stimmt Anna Laudere, die die Rolle der Myrtha bei der Wiederaufnahme am 21. September sowie bei der Vorstellung am 27. September geben wird, zu: »Als Myrtha sieht, wie Giselle versucht ihren Geliebten Albrecht zu retten, gibt sie zwar nicht nach – sie versucht Albrecht weiter zu töten –, aber tief im Inneren ihrer Seele erinnert sie sich an das starke Gefühl der Liebe«. Diese Zwiespältigkeit macht für die Erste Solistin aus Lettland den geheimnisvollen Charakter der Königin der Willis aus.

Auch Hélène Bouchet ist fasziniert von dem inneren Kampf, den Myrtha ausfechten muss und betont, dass sich die Dualität von Weichheit und Kraft auch in ihrem Tanz zeigt, was emotional und körperlich eine große Herausforderung für die Tänzerin darstellt. Während der Oberkörper ganz weich dem Bild des schwerelosen Luftgeistes gerecht werden muss, sind die Schritte scharf und schnell. Zudem springt Myrtha viel, was enorme Energie erfordert, aber für den Zuschauer nicht als Anstrengung sichtbar sein darf.

Die 33-Jährige Französin hat bereits im Jahr 2000, als John Neumeiers Version des fantastischen Balletts Premiere in Hamburg feierte, im Corps getanzt und erinnert sich immer noch gut an die Ratschläge der legendären Ballerina Natalia Makarova, die den Probenprozess damals begleitete. »Das Gefühl für das Stück, die Stimmung, die sie vermittelt hat, habe ich immer noch in mir«, meint Hélène. Obwohl Anna Laudere sich zusätzlich Wissen über »Giselle« angelesen hat, ist auch sie der Meinung, dass ein guter Lehrer das Wichtigste in der Vorbereitung auf eine neue Rolle ist. Sie ist Kevin Haigen, der ihr als Erster Ballettmeister die Choreografie beigebracht hat, unendlich dankbar und weiß: »Seine Verbesserungen und Ratschläge sind Schätze, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde«.

Ihre innere Stärke und die Macht, die Myrtha über ihre Willis ausübt, sowie die Erbarmungslosigkeit, mit der sie Rache an Männern übt, zeugen von Härte. Doch ihr zartes Wesen, das elfengleich in einer anderen Welt agiert, lässt sie zugleich zerbrechlich wirken. Damit kann die Herausforderung, die die Rolle der Myrtha in sich birgt, als Essenz der Kunstform Ballett gesehen werden wie sie von Ballerinen auf Spitze dargeboten wird: stark und gleichzeitig anmutig, voller Kraft und doch äußerlich leicht. 

Aschenbach und Tadzio zurück in Hamburg

$
0
0

Nach einer erfolgreichen Debüt-Vorstellung von »Tod in Venedig« zum Saison-Start in Kopenhagen, schlüpfen Carsten Jung und Aljoscha Lenz nun auch in Hamburg in die Rollen von Gustav von Aschenbach und Tadzio. Anlässlich ihrer Hamburg-Premiere am Sonntag, den 19. Oktober, erinnern sich die beiden an die Zeit in Kopenhagen.

Das Gespräch führte Daniela Rothensee

Carsten Jung und Aljoscha LenzCarsten Jung und Aljoscha Lenz © Holger Badekow

Erzählt, wie ist euer Debüt in Kopenhagen gelaufen?

Carsten Jung: Die Debüt-Vorstellung wie eigentlich auch die ganze Tournee liefen sehr gut! Auch wenn ich finde, dass es zehn Mal mehr Stress ist, auf Tour zu tanzen als in Hamburg. Die Bühne ist neu und natürlich auch das Publikum. In Hamburg haben wir ein Stammpublikum aus vielen sehr treuen Fans. In Kopenhagen weißt du als Tänzer nicht, wie die Leute auf dich reagieren werden, ob es ihnen gefallen wird.

Aljoscha Lenz: Ich persönlich fand es nicht schlecht, dass mein Rollen-Debüt in Kopenhagen stattfand, so war alles neu, es gab noch keinen Eindruck. Für mich als junger Tänzer war dieses Debüt natürlich überhaupt ein ziemlicher Einstand in die neue Saison! Natürlich freue ich mich, es jetzt auch einmal in Hamburg tanzen zu können. Denn wenn man einmal den Kontakt zur Rolle gefunden hat, wenn du einmal drin bist, dann möchtest du immer weitermachen!

Carsten Jung: Ja, natürlich möchte man bei so einer Rolle mit so einer Aussagekraft nicht, dass es bei einer Vorstellung bleibt. Ich tanze sie gerne noch einmal und hoffe, dass ich dann nur halb so nervös bin, einfach um sie richtig genießen zu können.

Wie war denn euer Weg zur Rolle?

Carsten Jung: Der Weg bis zur Premiere war schon relativ stressig, muss ich sagen. Wir hatten wenige Proben vor der Sommerpause, haben aber so richtig erst danach, seit Ende August, wirklich an dem Stück gearbeitet. Gleichzeitig liefen die Proben für »Giselle«, womit wir die Spielzeit am 21. September in Hamburg eröffneten.

Vor allem Llody Riggins hat mit euch an dem Stück gearbeitet, richtig? 

Carsten Jung: Ja, das ist richtig. Ich bin wirklich dankbar, dass Lloyd sich die Zeit genommen hat, mit mir an meiner Rolle zu arbeiten, obwohl er sich selbst in drei teilen musste: Giselle-Proben als Ballettmeister, Tod in Venedig für mich und gleichzeitig sich selbst in Form bringen für seine Vorstellungen als Aschenbach. Lloyd kennt die Rolle, neben John Neumeier natürlich, besser als jeder andere. Er konnte mir genau sagen in welchem Moment ich als Aschenbach was denke. Dass ich eben ein Choreograf bin, der zu Beginn des Balletts versucht Schritte zu kreieren und dabei hart zu sich selbst ist…

Aljoscha Lenz: Lloyd Riggins war auch in meinen Proben immer dabei. Vor der Sommerpause hatten wir bereits mit meinem Solo und dem Strand-Pas de deux begonnen. Lloyd kann ziemlich streng und direkt sein, aber er bleibt dabei so freundlich und nett, dass es immer eine gute Arbeitsatmosphäre ist und man viel lernen kann.

Gab es für dich denn auch die Gelegenheit mit Edvin Revazov, für den die Rolle des Tadzio ursprünglich von John Neumeier kreiert worden ist, zu arbeiten?

Aljoscha Lenz: Ja, in Hamburg habe ich viel gemeinsam mit Edvin geprobt. Da ging es insbesondere um das Technische an der Rolle. Vor allem der Größenunterschied zwischen ihm und mir macht es erforderlich, dass wir bestimmte technische Kniffe durchsprachen.

Und in Kopenhagen gingen die Proben dann weiter 

Carsten Jung: In Kopenhagen hatte ich ein Doppelprogramm aus Proben und Vorstellungen. Montagmorgen waren wir zunächst ein wenig im Studio, da habe ich an Aschenbach gearbeitet. Bei der Platzierungsprobe am Nachmittag war ich dann aber wieder in meiner alten Rolle eingesetzt, als einer der Wanderer mit Otto Bubeníček. Dienstagvormittag gab es dann einen Durchlauf als Aschenbach, das erste Mal in Maske und Kostüm. Abends dann die Premierenvorstellung als Wanderer. Mittwoch hatten wir Proben mit John Neumeier für Aschenbach und am Abend wieder die Vorstellung als Wanderer. Am Donnerstag haben wir nochmal mit John gearbeitet an den wichtigen Pas de deux mit Aljoscha, denn die sind ja die Säulen des Balletts. Abends dann die Premiere.

Ihr hattet in Kopenhagen die Gelegenheit ganz intensiv mit John Neumeier persönlich an der Rolle zu arbeiten.

Carsten Jung: John hat die Rolle damals mit Lloyd kreiert, jetzt sieht er da plötzlich ein neues Gesicht. Das ist für ihn ja auch neu. Meinen ersten Durchlauf als Aschenbach hatte ich, wie gesagt, am Tag der Premiere der anderen Besetzung. Den hat John natürlich gesehen, das war das erste Mal eigentlich, dass er mich in der Rolle erlebt hat. Es gab dann natürlich keine Zeit für Korrekturen. Erst am nächsten Tag hatten wir dann die Ruhe um miteinander zu arbeiten. Mir sagt er ganz andere Sachen als Lloyd, oder damals Ivan Urban, der die Rolle ja auch schon getanzt hat. Diese intensive Arbeit mit John an der Rolle, das war Gold wert.

Welchen Stellenwert hat Aschenbach denn für dich im Gesamt-Panorama deiner Rollen? Toppt diese Erfahrung jetzt »Liliom«?

Carsten Jung: Nein, Liliom toppen kann sie nicht, einfach weil ich Liliom kreiert habe, dass John sie für mich gemacht hat – das ist einfach eine einzigartige Erfahrung. Aber von den Rollen, die ich erarbeiten durfte, ist Aschenbach sicherlich eine meiner Top-Rollen. Es ist mir immer wichtig, etwas darstellen zu können und Aschenbach ist da ein sehr vielschichtiger Charakter. Und überhaupt: Wenn man wie ich über 10 Jahre lang in einem Ballett dabei ist, erst in der Gruppe, dann mit anderen Rollen und immer mit der Figur Aschenbach zu tun hat, aber immer aus der Distanz: Wenn man sie dann selbst tanzen darf ist das natürlich ein einzigartiges Erlebnis. Und Aschenbach ist ein bisschen wie Liliom, auch da bin ich immer nach den ersten 30 Minuten völlig K.O., weil ich quasi nonstop tanze.

Und was hast du aus den Proben mit John Neumeier zu berichten, Aljoscha?

Aljoscha Lenz: Es war sehr entscheidend für meinen Zugang zu der Rolle, dass John Neumeier persönlich noch einmal in seinen Worten die Charaktere der beiden Hauptfiguren und ihrer Beziehung zueinander erklärt hat. Dadurch war ich nachher viel entspannter als vorher. Denn auch wenn die Schritte saßen, ich die Counts wusste, brauchte es doch diese Worte von John, um eine Verbindung zur Rolle zu finden.

Wieso, was hat er denn gesagt?

Aljoscha Lenz: Tadzio ist einfach ein Junge, der mit einer unbeschwerten, fast naiven Leichtigkeit die Welt erkundet und mit Vertrauen in die Zukunft blickt. Ich sollte einfach ich selbst sein und nicht versuchen etwas darzustellen. Die Schwierigkeit an der Rolle des Tadzio ist eigentlich diese Leichtigkeit. Aber mit dieser Ansage, einfach ich selbst zu sein, war ich plötzlich ganz entspannt. Am Donnerstag, dem Tag der Premiere, saß ich bis zu einer halben Stunde vor Beginn des Trainings ganz entspannt am Kanal, die Sonne schien, am anderen Ufer hat jemand Gitarre gespielt. Das war der beste Weg um mich ganz entspannt in die Rolle einzufinden, diese Leichtigkeit zu gewinnen, die Tadzio ausmacht. Es wäre da ganz kontraproduktiv gewesen, mich selbst verrückt zu machen. Das konnte ich nur, weil John mir vorher diesen Zugang geschaffen hat.

Und Carsten, was macht die Rolle des Aschenbach aus?

Carsten Jung: Ich finde, die Schritte der Choreografie sind sehr komplex, sie kommen nicht unbedingt in einer natürlich Abfolge, also nicht immer so im Bewegungsfluss, wie man ihn erwarten würde. Das war, muss ich sagen, für mich dieses Mal die größte Hürde: die Schritte zu erinnern. Vor allem die ersten 30 Minuten des Stücks tanze ich ununterbrochen, bis dann irgendwann die Wanderer kommen und ich endlich einmal kurz durchatmen kann. Ich habe mich in der Vorstellung noch nicht so frei gefühlt, die Rolle wirklich darzustellen, weil ich beständig Angst hatte die Schritte zu vergessen. Man muss sich das vorstellen wie eine Kette, wenn du da nur eine Bewegung auslässt, bist du erstmal raus, bzw. hat das eventuell Konsequenzen für die weiteren Schritte…auch für die anderen auf der Bühne.

Ist so ein Fall dann während der Vorstellung eingetreten?

Carsten Jung: Ja, an einer Stelle hatte ich einen kurzen Blackout. Und zwar während des Pas de trois mit den „Konzepten“, in diesem Fall Hélène Bouchet und Karen Azatyan. Ich hätte eigentlich noch einmal um das Paar rumgemusst, bin aber stehengeblieben und wollte schon die nächste Hebung machen. Da war ein Glied aus der Kette kurz draußen und schon ändert sich alles. Dann ist es natürlich super, wenn die andern sofort schalten, die haben dann ihre letzte Promenade einfach weggelassen und mit mir die Hebung weitergemacht.

Und bei dir, Aljoscha?

Aljoscha Lenz: Eine kleine Sache lief nicht wie es sein sollte: Während eines Pas de deux mit Carsten wird mir von der Seitenbühne ein Ball zugeworfen, den ich fangen soll und damit dann weitertanzen. Ich machte allerdings einen Schritt auf den Werfenden zu, der jedoch so warf, als würde ich einen Schritt weggehen, ich habe den Ball also nicht gefangen. Dann habe ich einfach improvisiert, keine Ahnung was ich in dem Moment getanzt habe, einfach irgendetwas... aber ich glaube dem Publikum ist es nicht aufgefallen…

Bestimmt nicht. Und in den Passagen, die ihr beide gemeinsam getanzt habt? Ihr wart beide neu in der Rolle…

Aljoscha Lenz: ...was ich persönlich nicht schlecht fand, um einen Kontakt herzustellen. Carsten war zwar neu als Aschenbach, aber er hat ja trotzdem so viel Erfahrung! Als junger Tänzer denkt man oft nicht an alles.

Carsten Jung: Eine bestimmt Chemie muss natürlich da sein, die hatten wir zum Glück. Mich hat es im Vorfelde schon etwas nervös gemacht, dass wie beide neu in den Rollen sind und dass Aljoscha noch nicht so viel Erfahrung hat, weil er gerade erst in die Compagnie gekommen ist und noch sehr jung ist. Denn er muss mich ja auch viel tragen. Und kreiert wurden diese Hebungen für Lloyd und Edvin, der einen Kopf größer ist als Lloyd. Bei uns ist der Größenunterschied nicht so stark da, trotzdem bleiben die Hebungen gleich. Aljoscha hat sich seiner Aufgabe aber gestellt und seine Hausaufgaben gemacht. Alle, die es gesehen haben, haben gesagt, es hat gepasst und das glaube ich jetzt einfach mal.

Vielen Dank, euch beiden, für das Gespräch und Toi Toi Toi für euer Hamburger Debüt!

 

»Tod in Venedig« in der Hamburgischen Staatsoper
am 17., 19. und 22. Oktober 2014 sowie am 5. Juli 2015, jeweils um 19.30 Uhr
(Carsten Jung und Aljoscha Lenz tanzen die Vorstellung am 19. Oktober)


Mit der freiKartE zum HAMBURG BALLETT

$
0
0

Die freiKartE bietet jedem Erstsemester in Hamburg die Chance, freien Eintritt für zahlreiche Museen und Bühnen der Stadt zu bekommen. Auch das HAMBURG BALLETT ist in dieser Spielzeit wieder dabei und bietet an ausgewählten Terminen und nach Verfügbarkeit die Möglichkeit, eine kostenlose Eintrittskarte ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Abendkasse zu erhalten. So auch bei allen drei Vorstellungen von »Tod in Venedig« in dieser Woche. Ein kleiner Eindruck von der Stimmung vor Ort.

FreiKartE

Von Nathalia Schmidt
Sonntag-Abend, kurz nach 19.00 Uhr. Daniela und ich treffen uns vor der Abendkasse der Hamburgischen Staatsoper und sind gespannt. Wie viele Freikartler werden heute Abend das Angebot nutzen und in die Vorstellung von »Tod in Venedig« kommen? Ein kurzer Blick und es wird klar: eine ganze Menge! »Warum eigentlich Ballett?«, interessiert uns und wir fragen bei den jungen Studenten nach. Drei Freundinnen, die sich an der Universität in Hamburg kennen gelernt haben, sind von der Initiative freiKartE begeistert, für sie ist es eine sehr gute Möglichkeit das Kulturleben in Hamburg zu erleben und bei diversen Vorstellungen mit dabei zu sein, sei es Theater, Oper oder eben auch Ballett. Eine von ihnen war vorher noch nie in einem Ballett, aber sie schätzt den Schriftsteller Thomas Mann, dessen Novelle »Tod in Venedig« in John Neumeier Choreografie tänzerisch umgesetzt wird. Ihre Freundinnen sind tanzerfahrener, haben mehrere Jahre selbst klassisches Ballett getanzt. Eine andere Gruppe, vier Griechinnen, die für ihr Studium nach Hamburg gezogen sind, lockt ein allgemeines Interesse an Tanz in die Staatsoper. Sie studieren Jura, Germanistik und BWL und freuen sich auf den Abend. Eine andere Studentin erzählt uns, dass sie erst kürzlich eine Ballett-Dokumentation im Fernsehen gesehen habe über eine berühmte Ballerina, am nächsten Tag sei ihre freiKartE per Post gekommen. »Ein Zeichen«, meint sie und nutzt die Chance eine Ballerina auch mal »live« auf der Bühne bewundern zu dürfen.

Unsere Zeit rennt davon. Es ist 19.20 Uhr und um halb beginnt die Vorstellung. Schnell setzen wir uns in den Zuschauersaal und freuen uns auf das Hamburg-Debüt unserer Tänzer Carsten Jung und Aljoscha Lenz. In der Pause machen wir uns erneut auf die Suche nach jungen Gesichtern und entdecken im Foyer zwei Studentinnen wieder, die gerade noch eine Reihe vor uns saßen. Mathilde (20) aus Frankreich und Wency (22) aus China sind Erasmus-Studentinnen und hatten bisher noch nicht so oft die Möglichkeit ins Ballett zu gehen. Bisher gefällt es ihnen sehr gut, an einer Stelle hörten wir die beiden während der Vorstellung auch lachen. Es ist die Szene, in der die mondäne Gesellschaft Venedigs in der Eingangshalle des Hôtel des Bains flaniert, sie tanzen, lachen, streiten und unterhalten sich; zwei von ihnen auch auf Chinesisch. »Was wurde auf der Bühne denn gesagt?«, wollen wir von Wency wissen, da wir – oh Wunder! – kein Chinesisch sprechen. »Es ist zu spät, es ist zu spät«, lacht sie, es geht eindeutig um einen Beziehungsstreit. Eine Gruppe Juristen, sie alle studieren an der Bucerius Law School, treffen wir in der Pause draußen vor der Oper an; noch etwas frische Luft schnappen, bevor die Vorstellung weiter geht. Im Ballett waren sie noch nie, ein Zufall bringt die angehenden Juristen zu uns. Für eine Vorbereitung war dadurch keine Zeit. »Es ist schwer verständlich bisher«, gesteht einer von ihnen, da sie weder die Novelle Manns noch die Handlung von Neumeiers Choreografie kennen. Daher wird schnell nach einem Smartphone gegriffen und eine Inhaltsangabe gesucht, um zumindest im zweiten Akt leichter mitzukommen.

FreiKartE

Mittwoch-Abend, kurz vor 19.00 Uhr. Das Szenario erinnert an vergangenen Sonntag: erneut hat sich vor der Abendkasse eine lange Schlange von Erstsemestern gebildet, die in die heutige Vorstellung von »Tod in Venedig« möchten. Während sie geduldig darauf warten, dass die Abendkasse öffnet, nutzen wir die Chance und mischen uns unter die Menge. Abermals interessiert uns die Frage, warum sie sich für heute Abend ein Ballett ausgesucht haben. Viele von ihnen sind ganz spontan auf die Idee gekommen. »Wir hatten heute Abend noch nichts vor und haben einfach mal auf die Website der freiKartE geschaut, was so an Veranstaltungen angeboten wird«, sagt Lea. Sie freut sich auf das Ballett und hofft, dass es noch genügend Karten gibt. Genau in diesem Moment ruft der Mitarbeiter an der Kasse in die stehende Menge hinein: Maximal 20 Karten sind noch zu vergeben, mehr nicht. In den letzten Reihen macht sich Enttäuschung breit, sie kriegen für heute Abend keine Karten mehr. »Ich hätte nicht gedacht, dass das Ballett heute ausverkauft ist«, hören wir jemanden sprechen, »aber da kann man nichts machen. Wir wussten ja vorher, dass es nur ein begrenztes Platzangebot gibt«. Wir kriegen mit, wie sie ein alternatives Abendprogramm gestalten, man könnte ins Kino gehen oder auch etwas essen. Andere planen noch schnell in die nahe gelegene Laeiszhalle zu fahren, so wie Anna: »Um 20.30 Uhr findet dort ein Konzert statt, vielleicht gibt es da noch Restkarten«, sagt sie und überzeugt noch schnell ihre Begleitung.

Unser Eindruck vor Ort ist, dass die Studenten in Hamburg das Angebot der freiKartE schätzen und das vielfältige Kulturprogramm, das ihnen angeboten wird, auch gerne nutzen. Wir haben uns gefreut, viele junge und neue Gesichter in der Staatsoper zu sehen und sind gerne weiterhin bei der Aktion freiKartE mit dabei. Das nächste Mal mit »Othello« und »Tatjana«. Wie immer gilt aufgrund der begrenzten Platzzahl das Prinzip »first come, first serve«. Wir freuen uns auf euch!

›Werkstatt-Gespräch‹ mit Rikke Juellund

$
0
0

Nur noch wenige Wochen sind es bis zur Premiere von »Napoli« in der Inszenierung und neuen Choreografie von Lloyd Riggins in Hamburg am 7. Dezember. In den Werkstätten läuft alles auf Hochtouren. Ein Besuch bei der Bühnen- und Kostümbildnerin Rikke Juellund, die sich trotz des Trubels bei der Arbeit über die Schulter sehen ließ und mir Rede und Antwort stand.

von Daniela Rothensee

Rikke Juellund© Pressestelle

Danke, Rikke, für die Einladung mich ein wenig in den Werkstätten rumzuführen und an deinen Vorbereitungen teilhaben zu lassen! Ist es eigentlich das erste Mal, dass du die Ausstattung für eine Inszenierung von August Bournonvilles »Napoli« machst?

Ja, es ist das erste Mal, dass ich die Kostüme und das Bühnenbild für eine »Napoli«-Produktion entwerfe. Aber ich habe ein anderes Ballett von August Bournonville ausgestattet, »Kirmes in Brügge«. Lloyd Riggins inszenierte das Stück 2005 in Kopenhagen.

Wie kam es damals zu der Zusammenarbeit mit Lloyd?

Das Königlich Dänische Theater hat den Kontakt hergestellt und mich Lloyd empfohlen. Es war mein erstes Ballett überhaupt! Davor hatte ich viele Projekte im Bereich Schauspiel und modernem Tanz, meist im skandinavischen Raum, vor allem in Dänemark und Schweden. Später, nach der Erfahrung mit »Kirmes in Brügge« habe ich dann zum Beispiel mit Sidi Larbi Cherkaoui gearbeitet, zunächst fürs Königlich Dänische Theater und später dann für das Niederländische Nationalballett in Amsterdam.

Inwiefern ist es für dich etwas Besonderes für Ballett bzw. Tanz zu arbeiten?

Ich liebe es für Tanz zu arbeiten. Es geht, wie natürlich auch in den anderen performativen Künsten, schlussendlich immer darum, eine Geschichte zu erzählen. Ich darf gemeinsam mit dem Choreografen eine Welt erschaffen, einen Stil erfinden. Das unterscheidet sich nicht groß vom Schauspiel oder von der Oper. Was ich aber finde ist, dass dem Bühnenbild im Tanz sogar noch mehr Bedeutung zukommt. Denn dadurch, dass es keine Worte gibt, ist die visuelle Dimension von noch größerer Wichtigkeit. Die konkrete Arbeit in den Werkstätten ist dann allerdings wieder genau dieselbe wie immer: ein Bühnenbild ist ein Bühnenbild.

Wie ist das in Bezug auf die Kostüme? Gibt es auch hier Besonderheiten, was den Tanz betrifft?

Es gibt natürlich einige technische Besonderheiten. Fragen wie: Kann man sich in dem Kleid ausreichend bewegen? Sind die Beine bei einer bestimmten Pose bei dieser Rocklänge zu sehen? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Tänzer ihren Körper sehr genau kennen, meist besser als Sänger und Schauspieler. Diese wissen dafür oft mehr über ihre Rolle, diskutieren mehr. Tänzer sehen sich eher als Teil eines großen Ganzen. Vielleicht könnte man es so formulieren: Ich erlebe Tänzer als sehr loyal den übergeordneten Gedanken und Konzepten des Choreografen und Designers gegenüber.

Zu dir ganz persönlich: Weshalb bist du Bühnen- und Kostümbildnerin geworden?

Ich bin in Bornholm aufgewachsen, wo es kein Theater gab, nur ein Kindertheater, von dem ich schon früh fasziniert war. Deshalb bekam ich irgendwann ein Puppentheater geschenkt, so ein kleines Modell mit vier beweglichen Bühnenbildern: einem Wald, einem Armenhaus, einem Schloss und einer Kirche. Das fand ich ganz toll. Da ich nicht aus einer Künstlerfamilie komme – meine Mutter war Grundschullehrerin, mein Vater zuständig für das Marketing des lokalen Fährunternehmens – war mir lange nicht bewusst, dass Bühnenbilder entwerfen tatsächlich ein Beruf ist. Dies erfuhr ich erst als Teenager mit 13 Jahren, als das Kindertheater für eine Amateurproduktion Statisten suchte und ich mitbekam, dass es jemanden gab, der sich alleine um das Bühnenbild kümmerte. So entstand mein Berufswunsch.

Wie verlief dann dein weiterer Werdegang?

Meine Ausbildung erhielt ich in Kopenhagen an der Danish National School of Performing Arts. Direkt im Anschluss folgten dann einige freie Projekte für Schauspiel und modernen Tanz. Ich hatte überhaupt das Glück in ganz vielen unterschiedlichen Bereichen zu arbeiten: Performance, Stand-up-comedy, Kindertheater. Gerne erinnere ich mich an eine Theaterproduktion für Kinder zwischen eins und fünf Jahren mit dem Titel »Dorthes Hjerte«, Dorthe’s Herz, zurück. Es spielten eine Schauspielerin und ein Live-Musiker und das Bühnenbild hatte gerade mal zwei mal zwei Meter. Das Stück war ein Riesenerfolg, tourte bis nach China. Lustigerweise ist also die Produktion, die die größte internationale Reichweite und die längste Lebensdauer hatte, die kleinste, die ich jemals gemacht habe.

Und »Napoli« ist....

...eine der größten, ja, das kann man sagen. Durch die vielen unterschiedlichen Besetzungen in Hamburg habe ich den Faden verloren, wieviele Kostüme wir am Ende erstellen, irgendwann waren es mal 120, aber mittlerweile ... da müsste ich jetzt die Kostümabteilung fragen...

Rikke Juellund© Pressestelle

Auch beim Bühnenbild sehe ich hier um dich herum ziemlich viele verschiedene Teile...

Ja, ich kann dir auch eine Skizze zeigen, die die einzelnen Teile abbildet, die angefertigt werden. Da können wir jetzt genau nachzählen: 20 Bühnenbildteile für den ersten Akt, acht Lagen an Schnürenteppich für den zweiten Akt und neun Bühnenbildteile für den dritten Akt. Mal abgesehen davon, dass jedes größere Teil natürlich aus mehreren kleinen Teilen besteht. Ich entwarf zunächst ein Modell 1:100. Dann wurde das besprochen und ich vergrößerte es auf 1:50, später dann auf 1:25. Insgesamt gab es also drei Modelle bis wir soweit waren, dass wir es wie jetzt auf 1:1 bauen.

Wann haben Lloyd und du denn eigentlich mit der Arbeit an »Napoli« begonnen?

Wir haben ungefähr vor einem Jahr angefangen, was vergleichsweise spät ist. Demnach war es eine große Hilfe, dass Lloyd und ich bereits vorher zusammengearbeitet hatten. Ich wusste, wie er denkt, was mich erwartet. Grundsätzlich ist die zweite Produktion mit einem Regisseur oder Choreografen immer besser als die erste. Ab dann macht es auch richtig Spaß.

Inwiefern ist das so?

Ich habe das Gefühl, dass ich als Bühnenbildnerin jetzt viel mehr geben kann. Beim ersten Mal habe ich die größte Energie darauf verwandt zu verstehen, wie Lloyd denkt. Jetzt kann ich ihn auch mal herausfordern. Der Ausgangspunkt ist einfach ein ganz anderer.

Ihr wart ja aber die meiste Zeit nicht am selben Ort, du in Dänemark, Lloyd in Hamburg...

(lacht) Wir haben uns bestimmt 1000 E-Mails geschrieben! Das klingt vielleicht kompliziert, aber ich persönlich empfinde das Arbeiten auf Distanz meist als sehr fruchtbar. Man muss sehr klar formulieren, was man meint und der andere hat Zeit, sich die Inhalte der Mail in Ruhe anzusehen und dann zu antworten, wenn es bei ihm passt. Aber natürlich muss man sich ab und zu persönlich sehen. Als Lloyd mit der Compagnie im September in Kopenhagen war, hatte ich ausgerechnet beruflich in Schweden zu tun, weshalb wir uns da nicht gesehen haben. Aber es gab natürlich über das Jahr hinweg andere Treffen.

Rikke Juellund© Pressestelle

Wie würdest du eure gemeinsame Arbeit beschreiben?

Ich bin kein ›Ballett-Mensch‹, wenn man das so sagen kann. Lloyd hingegen ist ein absoluter Bournonville-Experte. Oft stelle ich ihm ziemlich naive Fragen, glaube ich. Er schätzt das glücklicherweise. Ich stehe in unserer Zusammenarbeit quasi stellvertretend für ein weniger balletterfahrenes Publikum. Unser gemeinsames Ziel ist es, dass es für jeden möglich sein sollte der Handlung zu folgen, ohne vorher etwas über »Napoli«, Bournonville oder den romantischen Stil zu wissen. Lloyd hat mir auch gesagt: Recherchiere, aber recherchiere nicht zu viel. Sein Ansatz und unser Vorhaben für »Napoli« in Hamburg ist es die Tradition zu bewahren, aber das Stück gleichermaßen zu ›entstauben‹.

Vielen Dank, Rikke, für das Gespräch und Toi Toi Toi für die Premiere!

Von Rocklängen und Kleiderwechseln – Besuch einer Kostümanprobe zu »Napoli«

$
0
0

Die Vorbereitungen für die Premiere von »Napoli« laufen auf Hochtouren. Ich nutze die Chance und besuche eine Kostümanprobe für die Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie in der Hamburgischen Staatsoper. Ein Zeichen, dass die Premiere näher rückt!

Von Nathalia Schmidt

Kostüme zu NapoliKostüme zu »Napoli« für das Ensemble des HAMBURG BALLETT  © Pressestelle

Kostüme im Ballett sind nicht einfach nur Kleider, die die Tänzerinnen und Tänzer schmücken, sondern sind zentrale narrative Elemente. Wie auch im Film und anderen performativen Künsten unterstützen Kostüme die jeweilige Rolle, geben Auskunft über den gesellschaftlichen Status der sie tragenden Person, aber auch über das Milieu, in dem sich ein Charakter bewegt. Nicht zuletzt sind Kostüme Teil des Lokalkolorits, müssen zu Zeit und Handlung passen, die erzählt wird. Daher bleibt bei der Auswahl von Schnitt, Material, Form und Farbe auch nichts dem Zufall überlassen.

»Napoli« ist eine in jeder Hinsicht ›große‹ Produktion. Nicht nur für Lloyd Riggins, der sich der Aufgabe stellt, den verlorenen zweiten Akt der Original-Choreografie (August Bournonville kreierte das Ballett im Jahr 1842), für ein Hamburger Publikum neu zu choreografieren, sondern auch für alle Beteiligten auf und hinter der Bühne. So auch für die Bühnen- und Kostümbildnerin Rikke Juellund und die Mitarbeiterinnen der Kostümabteilung der Hamburgischen Staatsoper, die ihr bei der Kostümanfertigung mit Rat und Tat zur Seite stehen. Für die Produktion von »Napoli« müssen – alle unterschiedlichen Besetzungen mit einbezogen – rund 140 Kostüme angefertigt werden. Jedes davon muss an die Tänzerinnen und Tänzer individuell angepasst werden. Dabei sind bei der Kostümanfertigung für eine Ballett-Produktion eine Vielzahl an technischen Besonderheiten zu beachten: Kann der Tänzer sich im Kostüm ausreichend bewegen? Wie fällt der Stoff bei bestimmen Posen? Rutscht das Kostüm beim Tanzen? Und wie bewältigt man die oft sehr schnellen Kostümwechsel, die unter Zeitdruck direkt hinter den Kulissen geschehen oder gar auf der Bühne selbst? Die erste Kostümanprobe soll darüber Aufschluss geben. Die Kostüme sind nach den Skizzen Rikkes genäht worden, stellen aber nicht die endgültige Fassung dar. Sie sind ein Vorschlag, wie Material, Schnitt und Form bei der Premiere aussehen könnten. Im Laufe der Anprobe werde ich sehen, wie Röcke gekürzt oder auch ganze Designs geändert werden. Rikke und die Mitarbeiterinnen im Kostümwesen arbeiten direkt am wichtigsten Instrument der Tänzer, ihrem Körper. Eine solche Nähe erfordert auch eine hohe Sensibilität, denke ich und betrete den Raum der Hamburgischen Staatsoper, in der die Kostümanprobe stattfindet.

Die Stimmung dort ist heiter und gelassen. Unsere Erste Solistin Leslie Heylmann, gebürtige Brasilianerin, unterhält sich mit Ballett-Meisterin Niurka Moredo auf Spanisch, während die Mitarbeiterinnen der Kostümabteilung der Hamburgischen Staatsoper ihr ein erstes Kleid anlegen, das sie zur Premiere während des 3. Aktes im sogenannten »Pas de six« tragen wird. Eine Skizze Rikkes, die für die Anprobe aus Kopenhagen angereist ist, zeigt neben zwei Jungs vier Mädchen; die Kleider ähneln sich in ihrer Form, fallen aber besonders durch ihre Farbvielfalt unterschiedlich aus. »Ich sehe aus wie ein limoncello«, scherzt Leslie Heylmann und spricht dabei die gelbe Farbe ihres Kostüms an. Die Farbwahl ist immer ein spannendes Thema, nicht nur für die Kostümbildnerin. Schließlich wollen sich die Tänzerinnen und Tänzer in ihren Kostümen rundum wohl fühlen, nicht nur das Material und die Form muss stimmen, sondern auch die Farbe.

Lloyd Riggins - Rikke Juellund - Leslie HeylmannLeslie Heylmann bei der Anprobe mit der Kostümabteilung und unter den wachsamen Augen von Rikke Juellund und Lloyd Riggins  © Pressestelle

Vor Ort wird nun das Kostüm an Größe und Statur Leslies angepasst. Ein wichtiges Detail: die Rocklänge. Diese sollte möglichst bei allen Tänzerinnen auf gleicher Höhe sein, gemeinsam mit Choreograf Lloyd Riggins einigt man sich schnell auf eine Länge bis kurz unters Knie. Die Erste Solistin Leslie, die neben ihren Kolleginnen Anna Laudere oder Hélène Bouchet einen Kopf kleiner ist, lacht: »Stellt euch die Rocklänge meines Kleides bei Hélène vor, bei ihr wäre es ein Minirock!«. Bevor die Kostümanprobe mit Leslie (vorerst) fertig ist, gilt es noch eine zentrale Frage zu prüfen. »Der Oberkörper muss immer beweglich bleiben«, erklärt uns Lloyd; die Tänzerinnen müssen ihre Arme heben können, ohne dass ihnen das Kostüm im Wege steht. Während Leslie sogleich einige Ballettposen ausprobiert, klopft es an die Tür: »Sind alle angezogen?« – noch bevor die Frage bejaht werden kann, betritt Otto Bubeníček den Raum. »Wenn nicht, ist auch nicht schlimm, ich kenne mich aus«, scherzt er. Bei einer Männeranprobe habe ich natürlich nichts zu suchen, denke ich und verlasse den Raum. Wie Otto in seiner Rolle als Golfo aussehen wird, bleibt also auch für mich weiter spannend. Im Zimmer nebenan läuft bereits die Anprobe für Silvia Azzoni, die in der Premiere die weibliche Hauptrolle der Teresina tanzen wird. Ich wage einen Blick hinein und stoße gerade dazu, als bei einem ihrer Kostüme Schwierigkeiten auftreten. Der Stoff des Kleides ist recht schwer, dadurch ist Silvia beim Tanzen einiger Bewegungen gehemmt. Sie selbst gibt Lösungsvorschläge, die gemeinsam mit allen Anwesenden umgesetzt werden; neue Stoffe werden rasch aus dem Stofflager geholt und ihr gezeigt, bis die Wahl auf einen passenden, leichteren Stoff fällt. Die Situation bestätigt mir, wie wichtig eine erste Kostümanprobe für alle Beteiligten ist.

Um euch aber noch nicht zu viel von den Kostümen zu verraten – denn schließlich soll es auch für euch eine Überraschung bleiben – verlasse ich die Kostümanprobe zu »Napoli« mit vielen neuen Eindrücken und blicke mit großer Vorfreude auf die bevorstehende Premiere am 7. Dezember!

Premiere »Napoli« am 7. Dezember 2014, Hamburgische Staatsoper

Weitere Vorstellungen am 10., 13., 31. Dezember 2014, am 10., 11., 13., 15., 16. Januar 2015 sowie am 1. Juli 2015, Hamburgische Staatsoper

Eine einmalige Lebenserfahrung

$
0
0

Gigi Hyatt und acht Schülerinnen und Schüler von der Ballettschule des HAMBURG BALLETT waren von der Stiftung »Fondazione Accademia Nazionale di Danza« eingeladen, am internationalen kulturellen Austauschprogramm für Ballettschulen, »Premio Roma – Jia Ruskaja 2014« teilzunehmen, das dieses Jahr in Moskau und Astrachan vom 10. bis zum 16. November stattfand. Zu Gast waren neben der Ballettschule des HAMBURG BALLETT auch die Bolschoi Ballett-Akademie, die Jacqueline Kennedy Onassis School at American Ballet Theater (USA), die Ballettschule des Teatro dell’Opera di Roma und die Ballettschule des Teatro di San Carlo (Neapel-Italien). Bei den drei Galas im Theater der Bolschoi Akademie und in Astrachans neuem Performing Arts Center präsentierte die Ballettschule des HAMBURG BALLETT »Petruschka-Variationen« und ein Pas de deux aus »Des Knaben Wunderhorn«, beide in der Choreografie von John Neumeier.

Gigi Hyatt und Schüler der BallettschuleGigi Hyatt und Schüler der Ballettschule © Ballettschule des HAMBURG BALLETT

Hier ist der Erlebnisbericht von Leeroy Boone, Schüler der Theaterklasse VIII

A week ago, I have been given the chance to take part in the gala Premio Roma Jia Ruskaja in Moscow and Astrakhan. I was happy to be able to perform pieces from Mr John Neumeier's repertoire in Russia on the Bolshoi Academy's stage and on Astrakhan's new performing arts center's stage. But I wasn't expecting this experience to be one of the most special and memorable adventures of my life. To be side by side with my fellow students from the Bolshoi Ballet Academy, the Dance School of the Teatro dell'Opera di Roma, the Ballet School of the Teatro di San Carlo in Naples and the Jacqueline Kennedy Onassis School of New York was a huge honor, a great pride and most of all an outstanding pleasure. My best memory will remain the climate of goodwill and joy that was upon the last performance. Although we were total strangers to each other at the beginning of the adventure, our common passion for dance brought us together and brought us to know each other better to the extent that by the end of one week we were all supportive of our new friends that we were watching perform and most of all we became all tightly united around the program made up of each individual piece. Therefore, I'd like to take this opportunity to thank the School of the Hamburg Ballet - John Neumeier and its director Gigi Hyatt for the wonderful once-in-a-lifetime experience that they offered me.

J'ai eu la chance il y a peu de temps de participer au gala Premio Roma Jia Ruskja à Moscou et à Astrakhan. Tout d'abord j'étais heureux d'avoir l'opportunité d'aller danser des pièces du répertoire de M. John Neumeier en Russie à l'Académie du Bolshoï ainsi que sur la scène du nouveau centre d'arts vivants d'Astrakhan. Mais j'étais loin de me douter que cette expérience allait être l'une des plus marquantes et des plus spéciales de ma vie. Être aux côtés de mes camarades étrangers pour cette série de représentations, qu'ils soient de la Bolshoi Ballet Academy, de la Dance School of the Teatro dell'Opera di Roma, de la Ballet School of the Teatro di San Carlo de Naples ou encore de la Jacqueline Kennedy Onassis School de New York a été pour moi un grand honneur, une grande fierté et surtout un immense plaisir. Mon meilleur souvenir restera le climat de bienveillance et de joie de la dernière représentation. En effet, bien que nous ayons tous été de parfaits étrangers les uns pour les autres au début de l'aventure, la danse nous a rapproché et nous a permis d'apprendre à se connaître pour enfin être tous unis et soudés autour du programme que l'on a présenté. C'est pourquoi je tiens à remercier l'École du Ballet de Hambourg - John Neumeier et sa directrice Mme Gigi Hyatt pour cette merveilleuse et enrichissante expérience que j'ai vécu grâce à elle.

Neapel sehen und sterben

$
0
0

Am 21. November lud das »Istituto Italiano di Cultura« zu einem besonderem Gesprächsabend ein: Lloyd Riggins und Laura Cazzaniga vom HAMBURG BALLETT berichteten im Gespräch mit Daniela Rothensee über die italienisch-dänisch-amerikanisch-deutsche Produktion von »Napoli«, die am 7. Dezember ihre Premiere feiert.

Laura Cazzaniga, Lloyd Riggins und Daniela RothenseeLaura Cazzaniga, Lloyd Riggins und Daniela Rothensee im Gespräch © Istituto Italiano di Cultura

Von Nathalia Schmidt
Freitagabend, 21. November. Der Bibliothekssaal des Italienischen Kulturinstituts im Hamburger Stadtteil Rotherbaum ist bis auf den letzten der knapp 70 Sitzplätze belegt. Im Untergeschoss sehen zusätzlich 30 Interessierte das Gespräch über eine Leinwand. Umgeben von Bücherregalen, die bis an die Decke reichen, höre ich ein buntes Durcheinander an italienischen und deutschen Stimmen. Die drei roten Sessel auf dem Podium sind noch frei, doch pünktlich um 19.00 Uhr öffnet sich eine Tür und die Gäste des HAMBURG BALLETT nehmen Platz. Nach einer Begrüßung durch Beatrice Virendi vom Italienischen Kulturinstitut und einer kurzen Einführung von Daniela Rothensee aus der Abteilung Presse und Kommunikation des HAMBURG BALLETT, beginnt die Gesprächsrunde.

Bevor Lloyd Riggins, der das romantische Ballett »Napoli« am 7.12. auf die Bühne der Hamburgischen Staatsoper bringt, über die neue Produktion und seine Arbeit spricht, gibt es viel über die Entstehung des Balletts und seine Geschichte zu berichten. Dabei landet man allerdings erstmal nicht in Italien, sondern in Dänemark: »Napoli«, in der Choreografie von August Bournonville, ist das dänische Nationalballett schlechthin. Seit seiner Premiere am 29. März 1942 in Kopenhagen steht es in einer fast ungebrochenen Aufführungstradition und ist noch heute im Repertoire des Königlich Dänischen Balletts. Aber weshalb finden wir uns heute Abend im Italienischen Kulturinstitut zusammen? Der Gesprächsabend gibt Auskunft: Ein Jahr vor der umjubelten Uraufführung seines Balletts, reiste der Tänzer und Choreograf August Bournonville nach Neapel. In seinen Tagebuchaufzeichnungen berichtet er:

»Diese Reise tat mir unglaublich gut. Ich konnte mich körperlich und seelisch erholen. Einige Male habe ich mit dem üblichen Erfolg im Teatro San Carlo und an der Scala getanzt. Der eigentliche Zweck meiner Reise war aber, mich umzuschauen – und das tat ich. Unentwegt sammelte ich Ideen. Eigentlich hegte ich keine Absicht, aus diesen gewonnenen Eindrücken Ballette zu kreieren«.

Und doch bringt Bournonville »Napoli« innerhalb nur eines Jahres auf die Bühne, »genauso wie ich es erlebt habe. Neapel und nichts anderes«, schreibt er. Seine Eindrücke und Erlebnisse – das fröhliche Markttreiben auf dem Fischmarkt von Santa Lucia etwa, die Händler mit ihren Makkaroni- und Zitronenständen oder die italienischen Volkstänze – verarbeitet er zu einer dreiaktigen Choreografie. Interessant ist, dass Bournonvilles Reise nach Neapel nicht geplant war, sondern sich aufgrund eines Zwischenfalls im Opernhaus in Kopenhagen ergeben hat, wie Lloyd Riggins berichtet. Als die dänische Primaballerina Lucile Grahn (im Jahre 1839) Dänemark verlässt, um in Paris zu tanzen, verzeihen ihre Fans in Kopenhagen Bournonville nicht, dass er sie hat gehen lassen. Mitten in einer Vorstellung von »Der Toreador« buhen sie Bournonville, der als Tänzer gerade auf der Bühne steht, aus. Bournonville selbst wendet sich an den im Publikum anwesenden König und fragt, ob er weitermachen soll. Doch einen König öffentlich anzusprechen war ein unverzeihlicher Bruch der Etikette! Dem Ballettmeister, den man allerdings nicht kündigen will, bittet man für sechs Monate Dänemark zu verlassen, bis ein wenig Gras über diesen Vorfall gewachsen sei. Und so kam Bournonville ins sonnige und warme Neapel.

Bournonvilles Choreografie wird seit ihrer Uraufführung von einem »ballettmester« zum nächsten weitergegeben, dadurch weiß man bis heute noch viel von der ursprünglichen Choreografie. Für Lloyd Riggins ist die Inszenierung dieses Balletts eine Herzensangelegenheit. Als er als junger Tänzer nach Kopenhagen kam und schon bald sein erstes Solo in einer Bournonville-Produktion tanzen durfte, fand er sofort Gefallen an Bournonville und seinen Balletten, wie er erzählt. Seine Jahre beim Dänischen Nationalballett, in denen er zum Ersten Solisten aufgestiegen ist, haben ihn als Tänzer stark beeinflusst. Während das Publikum in Dänemark bereits eine Vielzahl an unterschiedlichen Interpretationen des Balletts kennt, ist »Napoli« dem Hamburger Publikum nahezu unbekannt. Umso wichtiger erscheint es Lloyd Riggins eine Inszenierung zu schaffen, durch die die Charaktere des Balletts und seine Geschichte genau erklärt werden.

Gennaro, ein junger Fischer, ist verliebt in Teresina, die ihn ebenfalls liebt. Ihre Mutter Veronika ist zunächst gegen diese Verbindung und möchte ihre Tochter gerne mit einem reichen Händler verheiraten. Als das Paar in einem Fischerboot auf See in einen schweren Sturm gerät, wird Teresina über Bord gespült. Der Meeresdämon Golfo verwandelt sie in eine Najade und löscht ihre Erinnerungen. Doch Gennaro schafft es durch seinen Glauben und seiner Liebe zu Teresina, sie in ein menschliches Wesen zurückzuverwandeln. Das Paar kehrt nach Santa Lucia zurück und wird vermählt. »Eigentlich doch so wie immer«, scherzt Lloyd Riggins.

Der erste und der dritte Akt sind sehr gut überliefert. Historische Fotografien, aber auch ein Libretto geben Auskunft über Bournonvilles Inszenierung. Der zweite Akt dagegen ist heute so gut wie unbekannt. Zwar gibt das Libretto Auskunft über die Handlung, doch ist heute nicht mehr klar, wie es Bournonville ursprünglich einstudiert hat. »So wird jeder, der ›Napoli‹ inszenieren möchte, auch zum Choreografen«, sagt Lloyd. Der zweite Akt steht dabei ganz im Zeichen des romantischen Balletts, in dem immer eine übernatürliche Dimension hinzukommen muss. Lloyd Riggins erklärt uns, dass sich der zweite Akt auch durch seine Bewegungssprache unterscheidet. Während der erste und dritte Akt sehr erdig ist – die Tänzer, die echte Menschen verkörpern halten viel Kontakt mit dem Boden – zeichnet sich der zweite Akt durch seine fließenden Bewegungen aus.

Die Ballettmeisterin und ehemalige Erste Solistin Laura Cazzaniga, die in Lloyds Produktion die Rolle der Mutter übernehmen wird, gibt an diesem Abend einen spannenden Einblick in die Arbeit mit Lloyd Riggins. Auch als Italienerin ist es nicht unbedingt leicht, sich in das Milieu Napolis einzufinden, erzählt sie. Für alle Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie sind die Bewegungen im typischen Bournonville-Stil neu. Auch die zahlreichen Pantomime-Szenen, die im ersten Akt dominieren (die »gute alte Schule«, wie Lloyd Riggins  dazwischenruft) stellt sie vor Herausforderungen. Die Mutterrolle lebt durch die Mimik, »es ist ein Erzählen durch Gesten«, erklärt Laura. Um dieses glaubwürdig auf der Bühne rüberzubringen, muss viel geprobt werden. Gleichzeitig wechselt Laura immer wieder die Rollen: Als Tänzerin übt sie die Rolle der Mutter ein, als Ballettmeisterin steht sie Lloyd Riggins bei künstlerischen Fragen mit Rat und Tat zur Seite und betreut einzelne Proben. Laura erzählt all dies mit einer solchen Gelassenheit und Heiterkeit, dass ich mir sicher bin, dass sie diese Herausforderungen mit Bravour meistern wird!

Daniela Rothensee, Lloyd Riggins und Laura CazzanigaGlückliche Gesichter nach einem tollen Abend im Italienischen Kulturinstitut © Pressestelle

Nach eineinhalb Stunden neigt sich ein sehr informativer und interessanter Abend gen Ende. Bei einem Weinempfang hatten die Gäste noch die Möglichkeit Lloyd Riggins, Laura Cazzaniga und Daniela Rothensee persönlich anzusprechen, bis sich die Türen des Italienischen Kulturinstituts schlossen. Eine letzte Sache möchte ich euch nicht vorenthalten: Im Juni 1843, also knapp ein Jahr nach der Uraufführung von »Napoli« in Kopenhagen, fand die erste und einzige Vorstellungsreihe dieses Balletts in Hamburg statt. Umso schöner, dass »Napoli« nach so vielen Jahren nun erneut in Hamburg zu sehen ist!

Viewing all 157 articles
Browse latest View live